Essen. Der Essener Unternehmer Stefan Scheele möchte seine Firma AS-Management Eventservice in neue Hände geben. Allerdings ist das schwerer als gedacht.

Stefan Scheele sagt es ganz offen: „Im Moment stehen wir da und wissen nicht weiter.“ Der Essener Unternehmer gehört zu den abertausenden Firmeninhabern in Deutschland, die für ihr Unternehmen einen Nachfolger suchen und keinen geeigneten finden. Glaubt man einer aktuellen Umfrage der Industrie und Handelskammern (IHK) in NRW, dann wird dieses Problem in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen.

2017 war bereits jeder fünfte Unternehmer in NRW über 60 Jahre alt. In den kommenden Jahren werde sich die Alterung in den Chefbüros beschleunigen, heißt es. Denn jeder dritte Selbstständige ist derzeit zwischen 45 und 55 Jahre alt. Bei 63.500 Familienunternehmen in NRW stehe in den nächsten zehn Jahren eine Übergabe an. Zahlen für Essen gibt es dazu nicht. Aber Eugenia Dottai, bei der IHK Essen für das Thema Nachfolge zuständig, sagt: „Die Situation in unserer Region ist dieselbe.“

Tochter will das Unternehmen nicht weiterführen

Stefan Scheeles Geschichte scheint dabei eine ganz typische zu sein. In über 30 Jahren Berufsleben hat er sich erfolgreich die AS-Management Eventservice GmbH aufgebaut. Seine Frau arbeitet mit im Unternehmen und auch seine Tochter. Von Kray aus stattet er Feiern für Unternehmen mit allem aus, was dafür nötig ist: Inventar, Beleuchtung, Catering etc. Außerdem verleiht er Party-Equipment wie Geschirr, Tischwäsche, Stehtische oder Bierbänke. Das Geschäft laufe gut, sagt er. Zu seinem Kundenstamm zählen namhafte Konzerne wie Evonik, die Ruhrbahn, Rewe oder Innogy.

Eigentlich gibt es keinen Grund für Stefan Scheele, schon ans Aufhören zu denken. Er ist 55 Jahre alt und fühlt sich fit. Dennoch gab es vor etwa zwei Jahren einen Punkt, an dem er erkannte, dass er sich kümmern muss. Es war der Tag, als ihm seine Tochter offen erklärte, dass sie das Unternehmen nicht übernehmen möchte. Die heute 25-Jährige hat zwar Veranstaltungskauffrau gelernt. „Allerdings will sie das Risiko und den Aufwand nicht eingehen“, sagt Stefan Scheele und schiebt sofort hinterher: „Ich kann das auch nachvollziehen. Auch ich musste viele Jahre kämpfen. War viele Wochenenden unterwegs.“

Die Studie der IHK zur Nachfolgeproblematik

Der Anteil der Selbstständigen in NRW, die älter als 60 Jahre sind, wächst ständig. In 2017, dem Jahr des letzten Zensus, lag er bei 21,5 Prozent, im Jahr 2012 erst bei 16,5 Prozent.

Die Alterung beschleunigt sich: 270.000 (33 Prozent) der 813.000 Selbstständigen in NRW waren im Jahr 2017 zwischen 45 und 55 Jahren alt. Sie werden in den kommenden Jahren den Anteil der über 60-jährigen Selbstständigen weiter erhöhen.

Die rund 1,2 Millionen Mitarbeiter in übergabefähigen Familienunternehmen, bei denen in den kommenden zehn Jahren aus Altersgründen eine Übergabe ansteht, bedeuten einen Zuwachs von 25 Prozent gegenüber der vorhergehenden Erhebung aus dem Jahr 2016.

Sicher hätte sich Stefan Scheele wie wohl die meisten Unternehmerväter gewünscht, dass sich der Nachwuchs anders entschieden hätte. Denn es wäre sicher bitter mit anzusehen, wie das eigene Lebenswerk am Ende zerlegt oder vielleicht gar nicht mehr fortgeführt wird. Deshalb hat sich Stefan Scheele vor etwa zwei Jahren auf den Weg gemacht, einen Käufer und somit Nachfolger für sein Unternehmen zu suchen. „Ich möchte für meine Kunden einen geregelten Übergang organisieren und sie nicht im Regen stehen lassen.“ Vor allem aber für seine sieben Mitarbeiter wünscht er sich eine sichere Perspektive. „Und das ist keine Floskel“, betont er.

Agentur kostete Geld, brachte aber nichts

Anfangs schaltete er eine Agentur ein, die ihm geeignete Kandidaten vorschlagen sollte. „Die Agentur hat viel Geld gekostet, gebracht hat es aber nichts“, sagt Scheele. Die zwei, drei ernsthaften Interessenten hätten entweder das Geld nicht gehabt, um das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 600.000 Euro zu kaufen oder sie hätten schlicht unterschätzt, wie breit das Geschäft angelegt ist. „Mit ein bisschen Catering-Erfahrung ist es da nicht getan“, meint Scheele.

Mittlerweile hat er in der bundesweiten Unternehmensbörse Nexxt Change selbst eine Annonce aufgegeben. Erst als Chiffre. Als aber auch da nur unqualifizierte Anfragen kamen, stellte er den vollen Firmennamen in die Börse. „Viele haben mir zwar gesagt, dass man Geduld braucht“, erzählt er. Dass er so einen langem Atem braucht, habe er aber nicht geahnt.

Plan B liegt in der Schublade

Laut IHK-Expertin Eugenia Dottai hat Stefan Scheele alles richtig gemacht. Vor allem, weil er sich frühzeitig um das Thema kümmert. „Viele Unternehmer beginnen zu spät mit der Nachfolgersuche. Meist erst dann, wenn es ihnen vielleicht schon gesundheitlich nicht mehr so gut geht“, weiß sie. Die IHK berät Unternehmen auch, was sie bei der Übergabe beachten müssen.

Gerade wer frühzeitig beginne, könne seinen Nachfolger dann auch noch einarbeiten und begleiten. Das mache es für einen Käufer einfacher. Auch Stefan Scheele hat das vor: „Ich will weiter zur Verfügung stehen und mitarbeiten.“

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Noch hat Stefan Scheele die Hoffnung nicht aufgegeben. Im nächsten Schritt will er aktiv auf Kollegen im Umland zugehen, ob die Interesse an einer Übernahme haben. Doch sollte er am Ende keinen Nachfolger finden, dann hat er sich Plan B überlegt: „Dann verkaufe ich alles einzeln und schließe ab. Aber das täte mir in der Seele weh.“