Essen. Im Handwerk ist keine Konjunktureintrübung in Sicht. Im Gegenteil: Die Wartezeit auf einen Handwerker beträgt mittlerweile bis zu acht Wochen.
Von einer schwächer werdenden Konjunktur ist zumindest im Essener Handwerk nichts zu spüren. Nach einem Treffen der Obermeister im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe zog die hiesige Kreishandwerkerschaft jetzt das Fazit: „Die Lage in den Essener Betrieben ist gut. Die Auftragsbücher sind voll.“
Und zwar so voll, dass die Kunden mittlerweile bis zu acht Wochen auf einen Handwerker warten müssen – Notfälle selbstverständlich ausgenommen. Noch vor etwas mehr als einem Jahr reichten die Aufträge der Essener Handwerksbetriebe im Schnitt sieben Wochen im Voraus. „Die Kunden brauchen Geduld“, wirbt Hauptgeschäftsführer Wolfgang Dapprich daher um Verständnis. Viele Betriebe würden an ihrer Leistungsgrenze arbeiten.
Arnd Hefer bestätigt für seinen gleichnamigen Sanitär- und Heizungsbetrieb in Altenessen-Süd die gute Auftragslage. „Diese ist so gut, dass wir nicht mehr allem hinterher laufen müssen“, sagt Hefer. Seine Firma arbeite nur noch für Stammkunden oder auf Empfehlung. Die Aufträge kommen bei ihm ausschließlich aus dem privaten Bereich, der weiterhin boome. Für den öffentlichen Sektor arbeitet Hefer dagegen wie viele andere Kollegen nicht mehr. Schuld seien negative Erfahrungen in der Vergangenheit: erstens die schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Hand und zweitens die dort übliche Auswahl des billigsten Anbieters.
Nachwuchssorgen im Handwerk bleiben
Was Hefer mit seinem Vier-Mann-Betrieb dagegen umtreibt, ist ein anderes Thema: „Statt Kunden zu gewinnen, ist es viel schwieriger, an Mitarbeiter zu kommen. Wir haben einen regelrechten Mitarbeitermarkt.“ Auch die Kreishandwerkerschaft beklagt, dass der Fachkräftemangel die Situation in den Unternehmen verschärft und viele deshalb ihre Aufträge nicht so schnell abarbeiten können, wie sie gerne wollen.
Auch interessant
Vor allem der Berufsnachwuchs im Handwerk fehle. „Die Unternehmen wollen ausbilden, doch viele sind enttäuscht, dass sie keinen passenden Lehrling finden“, meint Dapprich. Dennoch geht die Kreishandwerkerschaft davon aus, dass im Essener Handwerk auch in diesem Jahr wieder rund 800 neue Lehrverträge abgeschlossen werden. Auch die Handwerkskammer Düsseldorf, zu der die Essener Unternehmen gehören, registriert zwar wieder mehr Interesse bei Schülern, einen Handwerksberuf zu erlernen. Dennoch sind in ihrer Lehrstellenbörse derzeit noch über 1100 Ausbildungsplätze frei.
Preise für den Handwerker sind „moderat gestiegen“
Die gute Konjunktur sorgt aber nicht nur dafür, dass Kunden länger warten müssen, sie müssen für den Handwerker auch etwas tiefer in die Tasche greifen. Denn aufgrund der guten Auftragslage gelingt es den Unternehmen heute eher, ihre gestiegenen Kosten auf die Kunden umzulegen. Die Preise seien daher insgesamt „moderat gestiegen“, meint die Kreishandwerkerschaft.
Das hat laut Dapprich vor allem zwei Gründe: Zum einen seien die Löhne geklettert. 50 Euro für die Handwerkerstunde seien deshalb keine Seltenheit mehr. Zum anderen würde auch das Material teurer. Lediglich in einigen Gewerken wie dem Malerhandwerk oder den Fliesenlegern mache den Meisterbetrieben „unqualifizierte Billigkonkurrenz“ das Leben schwer, heißt es.