Altenessen-Süd. Obwohl der Mittelstreifen der Gladbecker Straße gepflastert ist, wird er regelmäßig vom Grünwuchs befreit. Das halten Anwohner für eine Satire.
Um in den Sozialen Medien Hohn und Spott zu ernten, muss man nicht viel tun. Zynische oder gar bösartige Kommentare sind dort schnell geschrieben und an der Tagesordnung. Und so verwundert es nicht, dass die Reinigungsaktion der EBE auf der Gladbecker Straße bald als „Schildbürgerstreich in Essen“ bezeichnet wird. Außerdem wird einem NDR-Satiremagazin empfohlen, sich des Themas anzunehmen. Es geht um die Pflege des Mittelstreifens zwischen dem Berthold-Beitz-Boulevard und der Bäuminghausstraße. Anwohnerin Susanne Demmer liegt mit der Stadt schon lange überkreuz, weil sie sich gemeinsam mit ihrem Nachbarn partout weigert, ihr Haus zu verkaufen, um es abreißen zu lassen. Eine sechsspurige Gladbecker Straße ist nicht ihr Ziel, sondern eine Straße, an der es sich besser als heute leben lässt – zum Beispiel auch durch mehr Grün.
„Nicht ein einziges Primelchen wurde hier gepflanzt“
Doch genau in diesem Abschnitt der Bundesstraße 224, in dem auch die Schadstoffmessanlage steht, geschehe nichts. „Wenn man aus Richtung Innenstadt kommt, beginnt genau dort, wo Menschen wohnen, ein grauer Mittelstreifen. Schon zum grünen Hauptstadtjahr hätten wir uns hier ein ähnliches Engagement gewünscht, wie an unbewohnten Stellen der Gladbecker Straße, aber nicht ein einziges Primelchen wurde hier gepflanzt“, sagt sie. Seit dem Ela-Sturm vor fünf Jahren weist sie auch auf den hölzernen Stumpf hin, der auf einer Baumscheibe vor sich hin gammelt. Er dient inzwischen mal als Weihnachtsbaum oder wird im Frühling mit Flieder geschmückt – nur nachgepflanzt wird hier nichts.
„,Mittelinsel-Dschungel’ nur mit Mikroskop zu erkennen“
Umso unverständlicher ist es für Susanne Demmer, dass der Grünstreifen regelmäßig gesäubert wird, auch wenn der „Mittelinsel-Dschungel“ nur mit dem Mikroskop zu erkennen sei: „Ganz wichtig für mich ist zu sagen, dass ich die Arbeit der EBE sehr wertschätze. Dass die städtischen Mitarbeiter diese oft sinnfreie Arbeit so tapfer verrichten, beeindruckt mich. Ich würde mir wünschen, dass jeder von ihnen noch mehr Anerkennung bekommt, indem er dazu beiträgt, den Wohn- und Lebenswert an der B 224 sinnvoll zu steigern.“
Rahmenplan steht seit Januar 2016
Der Rahmenplan Gladbecker Straße wurde zwischen Mai 2015 und Januar 2016 im Auftrag der Stadt von dem Planungsteam astoc in Köln aufgestellt.
Konkretes Planungsziel war es, für den Bereich der Gladbecker Straße zwischen Berthold-Beitz-Boulevard und Krablerstraße ein städtebauliches Entwicklungs- und Handlungskonzept zu erstellen.
Im Oktober 2016 wurde er erstmals mit den Bürgern in Altenessen-Süd diskutiert. Doch die Resonanz war gering. Nur ein Dutzend Bürger hatten sich im Paul-Humburg-Gemeindezentrum eingefunden.
Die Anwohner könnten nicht begreifen, dass dort in regelmäßigen Abständen rund um tote Bäume aufopferungsvoll ,Grabpflege’ betrieben werde oder „einer Handvoll mikroskopisch kleiner Grasbüschelchen mit einer Armada zu Leibe gerückt wird, jedoch nichts an Lebenswert steigerndem Grün (wie übrigens im „Rahmenplan Gladbecker Straße“ einst als Sofortmaßnahmen versprochen wurde) entsteht.“
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Deshalb ist Susanne Demmer „überzeugt, dass die engagierten Mitarbeiter der Stadt und wir Bürger gleichzeitig davon profitieren würden, wenn man hier mehr für eine schöne und gesunde Umgebung tun würde und beispielsweise den Mittelstreifen begrünt.“
Regelmäßiger Kampf gegen das Wildkraut
Die EBE verteidigt hingegen ihr Vorgehen. Pressesprecherin Bettina Hellenkamp: „Auf asphaltierten oder gepflasterten Mittelstreifen bekämpft die EBE im Auftrag der Stadt regelmäßig das Wildkraut. Diese Tätigkeit ist wichtig für die Stadt, aber auch für die Verkehrsteilnehmer. Denn Mittelstreifen sind keine Parkanlagen, sondern funktionelle Bauwerke und Teil der Straßenanlage: Die Stadt muss als Straßenbaulastträgerin für die Verkehrssicherheit im öffentlichen Raum sorgen.
Hochschießendes Wildkraut würde diese von der Sicht und räumlichen Ausdehnung her möglicherweise beinträchtigen. Die Arbeit dient zudem der öffentlichen Sauberkeit und trägt ihren Teil zu einem gepflegten, aufgeräumten Stadtbild von Essen bei.
Sowohl für die Anwohner wie auch Passanten ist es doch schöner, einen ordentlichen Mittelstreifen zu sehen als einen chaotischen Wildwuchs-Bereich.
„Wiederholte Anwendung schädigt nachhaltig die Wurzeln“
Je nach Standort und Wachstum kommt das EBE-Team etwa einmal im Monat zum Einsatz. Mit Freischneider, einer speziellen Heißluft-Maschine, Blasgerät und Besen werden die unerwünschten Gewächse eingedämmt. Durch das relativ neue Heißluftgerät, das bei wiederholter Anwendung nachhaltig die Wurzeln schädigt, ergibt sich eine recht lang anhaltende Wirkung. Es könnte sich eventuell ergeben, dass dadurch künftig größere Abstände zwischen den Durchgängen möglich werden. Zurück bleibt in jedem Fall ein sauberer Mittelstreifen, der weder Autofahrer noch Fußgänger behindert.“