Essen. Die umstrittene selbsternannte Bürgerwehr „Steeler Jungs“ gerät auch ins Visier des Verfassungsschutzes. Der registriert ein schwindendes Tabu.
Mit ihren Rundgängen durch den Stadtteil lösen sie als selbsternannte Bürgerschützer eher beklemmende Gefühle aus. Jetzt haben die seit April 2018 veranstalteten Spaziergänge die „Steeler Jungs“ bis nach Düsseldorf geführt: in den Verfassungsschutzbericht des Landes NRW.
In der erst vor wenigen Tagen vorgestellten aktuellen Beobachtungs-Bilanz firmieren sie unter der Rubrik Rechtsextremismus als eine jener „bürgerwehrähnlichen Gruppierungen“, die auch andernorts patrouillieren – als „Bruderschaft Deutschland“ etwa oder als „Internationale Kölsche Mitte“.
Die „Bürgerwehren“ vernetzen sich untereinander
Folgt man den Verfassungsschützern, dann werden sich die „Spaziergänger“, die sich vielfach aus dem Rocker- und Hooligan-Milieu rekrutieren, genauso wie auch andere Gruppierungen der sogenannten „Neuen Rechten“ so schnell nicht von selbst erledigen.
Denn im Zuge der Flüchtlingskrise würden rechtsextremistische Positionen und Akteure – früher noch mit einem Tabu belegt – heute von vielen anders wahrgenommen und „nunmehr als Teil eines legitimen Meinungsspektrums angesehen“. Die alten Grenzen nach Rechtsaußen, sie seien aufgeweicht.
Außerdem bemühten sich die „Bürgerwehren“ offenbar darum, sich untereinander zu vernetzen. „Der Landesregierung liegen Erkenntnisse vor, dass sich die Verbindungen der (...) Gruppierungen untereinander intensivieren“, so formulierte
NRW-Innenminister Herbert Reul vor wenigen Tagen in einer Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen Landtagsabgeordneten Verena Schäffer. So liefen in Steele auch schon mal Mitglieder der Bürgerwehr „Mönchengladbach steht auf“ mit.
Verdacht gegen 46-Jährigen erhärtete sich nicht
Zu mehr als einer „verschärften Beobachtung“, seit Mai auch durch das Landeskriminalamt, ist es bei den „Steeler Jungs“ gleichwohl noch nicht gekommen.
Der Verdacht, ein Mitglied der „Steeler Jungs“ könnte am 27. März zu nächtlicher Stunde jene Schüsse abgegeben haben, die zwei Fenster des Steeler Kulturzentrums „Grend“ beschädigten, bestätigte sich laut Innenministerium nicht: Zwar sei der 46-Jährige im fraglichen Zeitraum mehrfach mit dem Auto in „Grend“-Umfeld unterwegs gewesen, er konnte die Fahrten aber plausibel erklären, hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft. Auch eine Wohnungsdurchsuchung brachte keine weiteren Erkenntnisse.