Essen. Die Touristikzentrale im Handelshof und das Kundencenter der Ruhrbahn am Berliner Platz machen dicht – zugunsten einer gemeinsamen Anlaufstelle.
Klar doch, gibt’s alles schon im Internet: Stadtpläne und Tickets, Hotelzimmer und Messe-Infos. Und doch hat die digitale Welt die analoge auf der Suche nach Rat und Service längst noch nicht abgehängt, für Touristen genauso wenig wie für Einheimische. Nur anders muss der Service aussehen – schneller, unmittelbarer, aus einer Hand. So jedenfalls lautet die Erkenntnis der Essener Marketing-Experten, die mit ihrer Touristikzentrale aus der gewohnten Ecke raus wollen, buchstäblich: Geplant ist gemeinsam mit der Ruhrbahn ein neuer Info-Magnet auf der Kettwiger Straße.
Das sind doch, könnte man einwenden, gerade mal 80 Meter: raus aus den Räumen der einstigen Diskothek „Mississippi“ im Hotel Handelshof, rum ums Eck und rein ins alte Ladenlokal von „Rewe to go“ am sogenannten Kettwiger Tor. Für Richard Röhrhoff aber, Geschäftsführer der Essen Marketing Gesellschaft (EMG), ist es der Umzug vom gefühlten Abseits mitten hinein in die Rennmeile der Innenstadt. „Wir sind dann da, wo die Leute sind.“
Die Neusortierung beschert auch einen Spar-Effekt
Mit einem Info-Magneten, der gar nicht so viel Anziehungskraft braucht, weil die Menschen an der sich dort verengenden Kettwiger Straße ohnehin vorbei müssen. Ein räumlicher Wechsel, aber auch mehr als das. Am neuen Standort soll dann auf Sicht auch möglich sein, was am alten noch nicht klappte: Tickets in Echtzeit zu buchen, für Führungen oder Stadtrundfahrten, den Domschatz oder die Weiße Flotte am Baldeneysee.
Geld verdienen kann eine Stadt mit solchem Service nicht, eher Geld verpulvern, das anderer Stelle dringend nötig wäre, glaubt Röhrhoff, weshalb der Umzug bis zu einem gewissen Punkt auch einen Spar-Effekt auslöst: Die EMG bespielt an neuer Wirkungsstätte deutlich weniger Fläche, spart mit ihrem Basis-Service auf Dauer einen kleinen fünfstelligen Betrag an Miete.
Deutlich weniger Kundenverkehr am Berliner Platz
Dass der geneigte Gast davon angesichts der fünf Mitarbeiter-Theken womöglich gar nichts merkt, liegt an dem Partner, mit dem die EMG sich Räumlichkeiten und Kosten hälftig teilen will: Es ist die Ruhrbahn, die den Standort an der
Kettwiger für einen „echten Glücksfall“ hält und dafür ihr Kundencenter im U-Bahnhof Berliner Platz aufgibt.
Dort ist die Nachfrage zuletzt spürbar abgesackt, sagt Nils Hoffmann von der Ruhrbahn und zeigt sich darüber nicht sonderlich überrascht: Die großen Nachbarn ringsum habe man größtenteils für Firmenticket-Angebote gewinnen können, „wir haben uns, wenn man so will, selber kannibalisiert. Da findet die Beratungsleistung längst nicht mehr im Kundencenter statt.“
Der Hauptbahnhof gewinnt weiter an Bedeutung
Umso mehr spricht aus Sicht der Ruhrbahn für den Umzug vom Berliner Platz zur Nordseite des Hauptbahnhofs, Richtung Innenstadt. Denn die Kundencenter an der Bahnhofs-Südseite und im U-Bahn-Tunnel arbeiteten zeitweise „jetzt schon an der Kapazitätsgrenze“, beteuert Hoffmann. Dabei dürfte der Verkehrsknotenpunkt in den kommenden Jahren im Nahverkehr noch enorm an Bedeutung gewinnen.
Zum einen durch die mutmaßlich weiter wachsende Zahl an Städtetouristen, die ihr müdes Haupt in der boomenden Hotellandschaft rund um den Hauptbahnhof betten – und in der Folge immer auch Nachfrage nach Nahverkehr auslösen.
Start der neuen Anlaufstelle am 15. Dezember
Hinzu kommen der schrittweise Ausbau des Rhein-Ruhr-Express im Regionalverkehr. Und nicht zuletzt die sogenannte Bahnhofs-Tangente, die in ein paar Jahren zwei neue Ruhrbahn-Linien oberirdisch von und nach Borbeck bzw. Steele direkt über den Hauptbahnhof führt. Eine Art Bypass, der das Tunnel-System entlasten und dem oberirdischen Knotenpunkt noch mehr Gewusel bescheren dürfte.
Mit Blick auch auf diese Zukunftsaussichten sortieren sich zwei städtische Töchter in der Kundenansprache neu. Wenn alles klappt wie geplant, soll der neue gemeinsame Info-Magnet von EMG und Ruhrbahn am 15. Dezember seinen Betrieb aufnehmen.