Essen. Der Rat der Stadt will sich mehrheitlich zum Klimaschutz bekennen, den „Klimanotstand“ aber nicht ausrufen. Es drohe ein „Bürokratiemonster“.

Klimaschutz-Aktivisten der Bewegungen „Fridays for Future“ und „Parents for Future“ werden am Mittwoch vor dem Rathaus eine Mahnwache beziehen. Es ist ein letzter Versuch, die Mitglieder des Stadtrates zu überzeugen: Die Stadt Essen möge dem Beispiel anderer Kommunen folgen und ebenfalls den Klimanotstand ausrufen. Doch die Mühe wird vergebens sein.

Schon bevor Oberbürgermeister Thomas Kufen die Sitzung um 15 Uhr eröffnen wird, steht fest: Der Rat der Stadt wird sich zwar zum Klimaschutz bekennen, den Klimanotstand aber wird die Stadt Essen nicht ausrufen. Das geht aus einem gemeinsamen Antrag hervor, den die Fraktionen von SPD, CDU und FDP zur Abstimmung vorlegen. Dass der Antrag die Zustimmung der Ratsmehrheit findet, darf damit als sicher gelten.

Aktivisten von „Fridays for Future“ fordern vom Rat der Stadt Essen ein starkes Zeichen

Das starke Zeichen, dass die Klimaschutz-Aktivisten fordern, wird es so nicht geben. „Absichtserklärungen gibt es bereits genug“, kritisiert Christiane Gregor stellvertretend für jene, die vor dem Rathaus demonstrieren wollen.

Kritik äußern auch die Grünen: „Mit einer Ablehnung der Ausrufung eines Klimanotstandes verpassen SPD, CDU und FDP die Chance festzuschreiben, dass Klimaschutz im Handeln der Stadt Essen höchste Priorität haben muss“, bedauert Fraktionssprecherin Hiltrud Schmutzler-Jäger. Die Stadt Essen falle hinter ihrem eigenen Anspruch als Grüne Hauptstadt zurück.

Gemeinsam mit den Linken halten die Grünen an ihrem „Klimanotstand“-Antrag fest. Ihnen geht es um konkretere Schritte. So soll die Verwaltung vor einer Abstimmung darlegen, ob diese positive, negative oder gar keine Auswirkungen auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz hat. Es geht ihnen aber auch um ein Symbol. Je mehr Städte sich den Rufen nach mehr Klimaschutz anschließen, desto eher würden sie gehört, so die These.

SPD, CDU und FDP ist das zuviel der Symbolpolitik. Hinten anstehen wolle die drei Fraktionen bei dem derzeit auch medial sehr hochgehandelten Thema aber auch nicht. Dass sie sich erst kurz vor der Sitzung des Umweltausschusses auf eine gemeinsame Sprachregelung verständigt haben, wirkt auf Klimaschutz-Aktivisten wie Christiane Gregor allerdings wenig glaubwürdig.

Nach dem Willen der Antragsteller soll die Stadt Essen dem Klimaschutz „hohe Priorität“ einräumen, den Zielen und Themen der Grünen Hauptstadt soll sie sich dauerhaft widmen, heißt es vage. Mindestens einmal im Jahr soll die Stadtverwaltung über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Senkung von klimaschädlichen Emissionen berichten, was mit dem jährlichen Klimaschutzbericht ja längst geschieht. Konkreter werden SPD, CDU und FDP indes, wenn es um alternative Antriebstechniken für städtische Fuhrparks geht oder um das Pflanzen von klimaresistenten Bäumen in Stadtparks und auf Grünstreifen.

Es gibt viel zu tun für den Klimaschutz

Viel weiter wollen die drei Fraktionen nicht gehen. Dem Vorschlag der Verwaltung, in zwei Jahren einen „Aktionsplan für Klima und Energie“ vorzulegen, werde man zustimmen, kündigt CDU-Fraktionschef Jörg Uhlenbruch an. Dass es viel zu tun gibt für den Klimaschutz, räumt Uhlenbruch ein. Es sei aber doch längst nicht so, als habe die Stadt nichts getan. Das Gegenteil sei der Fall, betont der Fraktionsvorsitzende und verweist auf gefasste Beschlüsse zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, auch wenn noch nicht jeder Beschluss umgesetzt sei wie etwa der Bau oberirdische Trasse am Hauptbahnhof vorbei.

Die Forderung von Grünen, Linken und Klimaschutz-Aktivisten gingen zu weit. Uhlenbruch befürchtet ein „Bürokratie-Monster“, sollte die Verwaltung jeden Beschluss auf dessen Vereinbarkeit mit dem Klimaschutz abklopfen müssen. Jörg Uhlenbruch und sein Pendant aufseiten der SPD, Ingo Vogel, werben für einen pragmatischen Umgang.

Applaus auf der Besuchertribüne des Ratssaales, wo sich mutmaßlich Aktivisten versammeln werden, dürfen sie dafür kaum erwarten.