Essen. Nach der gescheiterten Ansiedlung des Euref Campus nimmt sich die Stiftung Zollverein ein halbes Jahr Zeit, um einen Managementplan zu erarbeiten
Nach der gescheiterten Ansiedlung des Gründerzentrums Euref Campus will sich die Zollverein-Stiftung bei der Ansiedlung neuer Unternehmen auf dem Welterbe-Gelände mindestens bis zum Jahresende Zeit nehmen. „Wir erarbeiten bis dahin einen Managementplan, der Leitplanken setzt auch für die künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes“, sagt der Chef der Stiftung, Hans-Peter Noll. Wichtige Impulse verspricht er sich von der Zollverein-Konferenz, die am 11. Juli zum ersten Mal zusammentritt.
Das ehrgeizige Projekt „Euref Campus Zollverein“ des Berliner Investors Reinhard Müller – ein innovatives Gründerzentrum mit mehr als 1000 hochwertigen Arbeitsplätzen – war Anfang des Jahres gescheitert. Denkmalschützer hatten immer wieder erhebliche Bedenken gegen das Ausmaß des Gründerzentrums angemeldet. Ihre Befürchtung: Die geplanten Neubauten auf der weißen Seite der Kokerei Zollverein – zwischen Gasometer, Gasfackel und Kühltürmen – wären derart überdimensioniert gewesen, dass sie das Welterbe-Ensemble zur bloßen Kulisse hätten degradieren und am Ende sogar den kostbaren Welterbe-Status gefährden können.
„Es war nicht der Denkmalschutz, der den Euref Campus verhindert hat“
Ist das also die Lehre aus dem Euref-Flop: Dass der Erhalt des „außergewöhnlichen universellen Wertes“ des Welterbes
künftigen Neubauvorhaben entgegensteht? „Diesem Eindruck muss ich deutlich widersprechen“, betont Noll, und fügt hinzu: „Es war nicht der Denkmalschutz, der den Euref Campus verhindert hat.“ Vielmehr sei der Abstimmungsbedarf so groß gewesen, dass dem unter hohen Druck stehenden Investor am Ende die Zeit weggelaufen sei. Ein langwieriges Genehmigungs- und Abstimmungsverfahren hätte wohl dazu geführt, dass einer der Hauptmieter auf dem Euref Campus, die Deutschland-Tochter des Elektrotechnik-Riesen Schneider Electric, abgesprungen wäre. Insgesamt wollte Müller 14 Firmen auf Zollverein ansiedeln.
Für die Erarbeitung des Management-Planes sei eine mehrmonatige Auszeit jetzt unerlässlich. Noll: „Wir müssen unsere Hausaufgaben erledigen, damit wir gegenüber Interessenten und Investoren verbindliche Aussagen machen können.“ Der Wirtschaftsstandort Zollverein sei hochattraktiv, „aber Zollverein ist eben kein x-beliebiges Gewerbegebiet.“
Freie Flächen für die Ansiedlung innovativer Unternehmen sieht Noll am Schacht 1/2/8 zwischen neuem Hotel und Folkwang-Hochschule sowie an der Kokereiallee (Gasometer und Kühltürme) und neben dem Neubau der RAG-Stiftung.
Vom imagefördernden Welterbe-Status wollen viele potenzielle Investoren profitieren. Aber Interessenten für Büroimmobilien holen sich auf Zollverein derzeit reihenweise einen Korb. „Wir haben nur ein paar Quadratmeter frei“, sagt Noll. Leerstehende Hallen? Ebenfalls Fehlanzeige.
Am Donnerstag tagt zum ersten Mal die von OB Kufen angeregte Zollverein-Konferenz
Die von OB Thomas Kufen unter dem Eindruck des Euref-Flops angestoßene Zollverein-Konferenz bringt am Donnerstag Fraktionsvorsitzende und Bezirkspolitiker, Dezernenten und Wirtschaftsförderer, Marketing-Experten und Stiftungsleute in der Kohlenwäsche zusammen. „Die Ergebnisse der Konferenz fließen ein in den Managementplan“, kündigt Noll an.
Eine zukunftsträchtige und zum Welterbe Zollverein passende Branche sei beispielsweise die Sparte Digitalisierung. Der Haniel-Think Tank „Schacht One“ samt dem Ableger „Schmiede Zollverein“ setze ebenso Maßstäbe wie die Digitalwerkstatt „Accenture“, die in das alte Schalthaus der Kokerei eingezogen ist.
Ein halbes Jahr nach dem Euref-Aus gibt sich der Stiftungs-Chef demonstrativ hemdsärmelig und zuversichtlich. „Natürlich hatte ich mir damals eine erfolgreiche Ansiedlung gewünscht“, sagt Hans-Peter Noll, „aber wenn man hinfällt, muss man die Nase abputzen und wieder aufstehen.“