Essen. Die Stadt Essen hat ihre geplante Umweltspur abgespeckt. Die Chancen dürften größer sein, denn eine Fraktion zeigt sich diesmal aufgeschlossen.
Die Stadt Essen unternimmt einen neuen Anlauf zur Einrichtung einer „Umweltspur“. Die Erfolgsaussichten scheinen diesmal größer, denn die SPD zeigt sich aufgeschlossen gegenüber dem Vorschlag der Stadtverwaltung. Der erste Anlauf war noch am Widerstand der Ratsmehrheit aus Sozial- und Christdemokraten gescheitert.
Diesmal versucht es die Verwaltung mit einer abgespeckten Variante: Die Umweltspur soll sich demnach nur noch auf den Streckenabschnitt zwischen Varnhorstkreisel und Viehofer Platz beschränken. Die zunächst angedachte Umfahrung der Innenstadt wäre damit vom Tisch. Auf der Umweltspur sollen ausschließlich Fahrräder und Busse des öffentlichen Personen-Nahverkehrs fahren dürfen, nicht aber Taxis und Elektro-Autos. Die Umweltspur soll zudem ergänzt werden durch eine „Bikeline“, eine baulich von den übrigen Fahrspuren abgetrennte Spur allein für Fahrradfahrer. Die Bikeline würde durch die östliche Tunnelröhre der Gildehofstraße führen und wäre in beide Richtungen befahrbar. Entsprechende Überlegungen unterbreitete die Fachverwaltung in interner Runde jetzt Vertretern der Politik.
Die SPD hält in Sachen Umweltspur einen Kompromiss mit der CDU für möglich
Ingo Vogel, Vorsitzender der SPD-Fraktion kann sich nach einem ersten Eindruck mit den Vorstellungen der Verwaltung sehr wohl anfreunden. „Das große Ziel ist es, Dieselfahrverbote zu vermeiden“, betonte Vogel. „Wenn eine Umweltspur dabei hilft...“ – an der SPD solle es nicht scheitern. „Die Verwaltung hat festgestellt, dass die Umweltspuren funktionieren“, so Vogel. Seine Fraktion sei offen für den Vorschlag. „Wir lehnen das nicht in Bausch und Bogen ab.“ Auch einen Kompromiss mit der CDU hält Vogel für denkbar.
Jörg Uhlenbruch, Fraktionschef der Christdemokraten im Rat der Stadt, ist hingegen nicht überzeugt und tritt deshalb aufs Bremspedal. „Die Verwaltung muss noch nacharbeiten. Das will ich erst noch abwarten.“ Uhlenbruchs erster Eindruck: Die Umweltspur geht zu Lasten des Individualverkehrs. Uhlenbruch fürchtet, dass sich der Verkehr noch öfter staut als es heute bereits der Fall ist.
Ob es sinnvoll und sicher sei, wenn sich Busse und Radfahrer eine Spur teilen? Der CDU-Ratsherr hat auch hat da seine Zweifel. Auch die Kosten hält er im Verhältnis zum Nutzen für zu hoch. Die Umweltspur soll nach Auskunft der Verwaltung bis zu eine Million Euro kosten, dem gegenüber steht ein Zeitgewinn von einer Minute für den Busverkehr. Aus Sicht des CDU-Fraktionsvorsitzenden wäre das Geld für sichere Radwege besser angelegt. Die Verwaltung betont, dass auf dem in Rede stehenden Streckenabschnitt pro Stunde bis zu 30 Busse fahren. Bei den genannten Kosten handele es sich zudem nur um eine Schätzung
Hans-Peter Schöneweiß, Fraktionschef der Liberalen im Rat der Stadt kann der verkürzten Umweltspur dennoch nichts abgewinnen. Seiner Meinung wäre die Stadt besser beraten, die Verkehrsführung für Radfahrer durch die Innenstadt zu überarbeiten, so dass diese besser angenommen wird.
Die Umweltspur soll 4,75 Meter breit sein, so dass Busse und Radfahrer sicher aneinander vorbei fahren können
Nach den von der Verwaltung vorgelegten Plänen soll die Umweltspur 4,75 Meter breit sein, so dass Busse und Radfahrer sicher aneinander vorbei fahren können. Beiden will die Stadt ganz bewusst Vorrang einräumen, soll die Umweltspur doch dazu beitragen, dass sich mehr Bürger für umweltfreundlichere Verkehrsmittel entscheiden. Am Ausgang des Tunnels auf der Schützenbahn in Höhe des Rathauses müsste der Individualverkehr deshalb an einer Ampel warten, so dass Busse und Radfahrer sich nach links in Richtung Gladbecker Straße einordnen können. Für letztere soll es dort auf dem Radschnellweg RS1 weitergehen.
Rolf Fliß, Ratsherr der Grünen und Gründungsmitglied der Essener Fahrrad-Initiative nennt den neuen Anlauf der Verwaltung einen „Schritt in die richtige Richtung“. Seine Fraktion hätte sich mehr gewünscht. Dass Essen eine „Bikline“ erhalten soll, sei erfreulich, weil längst überfällig. Verbesserungsbedarf sieht Fliß allerdings, was die Anbindung in Richtung Huyssenallee und Rüttenscheid angeht. Die Linke sieht laut Ratsherr Wolfgang Freye in der Umweltspur „einen Anfang“, mehr nicht.
Mit der überarbeiteten Umweltspur sollen sich nun die Fachausschüsse des Rates befassen. Findet der Vorschlag eine Mehrheit, könnte die Umsetzung des Projektes bis Jahresende an Fachfirmen vergeben werden. Grünen-Ratsherr Fliß nennt das mit Blick auf den schwelenden Rechtsstreit mit der Deutschen Umwelthilfe Schneckentempo. Um dazu beizutragen, ein drohendes Dieselverbot abzuwenden – dafür könnte die Umweltspur, so sie denn kommt, zu spät kommen.