Essen. Zwei Verleiher von Elektro-Tretrollern stehen in Essen vor dem Start. Der Fachhandel erwartet, dass die Nachfrage nach E-Scootern rasant steigt.

Der Countdown läuft: Ab Samstag, 15. Juni, dürfen zugelassene Tretroller mit Elektroantrieb auf Straßen und Radwegen fahren. Dann tritt die „Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr“ in Kraft. Mit diesem Wortungetüm hat der Gesetzgeber den Weg frei gemacht für eine neue Art der Mobilität, welche die von Lärm und Abgasen gebeutelten Innenstädte entlasten könnte. Verleiher der so genannten E-Scooter stehen bereits in den Startlöchern, auch in Essen. Der Fachhandel erwartet, dass die Nachfrage nach den umweltfreundlichen Flitzern schon bald rasant steigen wird.

Das Amt für Straßen und Verkehr steht nach eigenen Angaben mit zwei Verleihern in engem Kontakt. Es handelt sich um das Start-up-Unternehmen „Circ“ und um „Wind Mobility“ aus Berlin. In der kommenden Woche wollen beide Seiten ihre Vorstellungen über Anzahl und Standorte miteinander abgleichen, heißt es aus dem Rathaus. Noch sei offen, wie viele Leihroller zwischen Karnap und Kettwig auf die Straßen kommen und wann. In wenigen Wochen dürfte es soweit sein. „Wind Mobility“ will spätestens Ende Juni, Anfang Juli den Markt aufrollen.

Anbieter „Byke“ will als „Wind Mobility“ mit E-Scootern nach Essen zurückkehren

Redakteur Marcus Schymiczek testet einen E-Roller in der Thea-Leymann-Straße im Westviertel.
Redakteur Marcus Schymiczek testet einen E-Roller in der Thea-Leymann-Straße im Westviertel. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Das Unternehmen ist in Essen kein unbekanntes. Im vergangenen Jahr tauchte es unter dem Namen „Byke“ mit 150 Leihrädern auf. Die Fahrräder mit dem auffälligen, hellblauen Rahmen, dem gelben Sattel und dem Körbchen am Lenker hatten keine festen Standplätze. Die Räder waren mit einem Satellitengesteuerten GPS-System ausgerüstet, Nutzer konnten sie per Handy orten und reservieren. Gezahlt wurde per Kreditkarte. Im Herbst verschwanden die Byke-Räder wieder von der Bildfläche. Nun wollen die Berliner mit handlichen E-Tretrollern zurückkehren. Das sogenannte „Free Floating System“ dürfte das gleiche sein. Feste Standorte kann die Stadt in diesem Fall nicht vorgeben.

Konkurrent „Circ“ hat unter dem Namen „Flash“ bereits im Ruhrgebiet fußgefasst. In Herne ist der Verleiher seit Anfang Juni mit 50 E-Scootern am Start; die Stadt hat dafür eigens eine Sondergenehmigung erteilt. Die Roller werden per App gebucht, auch sie können nach der Fahrt irgendwo im Stadtgebiet abgestellt werden. Die App fordert den Mieter auf, ein Foto vom Standort zu machen. Mitarbeiter sammeln die Roller abends ein, laden sie über Nacht auf und bringt sie zurück auf die Straße.

Die Stadt kann den Verleihern von E-Scootern bei einem „Free Floating System“ keine Standorte vorgeben

In wieweit das Amt für Straßen und Verkehr regulierend eingreifen kann, sei noch unklar heißt es im Rathaus. Als Voraussetzung für das Aufstellen von Leihfahrrädern hatte die Stadt verlangt, dass der Verleiher einen technischen Service vor Ort unterhält und kaputte Räder schnell aus dem Stadtbild entfernt. Eine vergleichbare Vorgabe dürfte es auch für Anbieter von E-Scootern geben. „Byke“ hatte übrigens beklagt, dass zahlreiche Leihräder mutwillig beschädigt worden seien. Das Unternehmen sprach von einem „betriebswirtschaftlich relevantem Anteil“.

Derweil verspürt der Fachhandel ein wachsendes Interesse an E-Scootern. „Lucky Bike“ an der Altendorfer Straße hat in der vergangenen Woche fünf Roller der Marke Metz verkauft. „Das ist viel“, betont Filialleiter Philipp Armonys. Kostet der E-Flitzer doch knapp 2000 Euro. Der Roller ist einer von derzeit nur zwei Modellen, die bislang für den Straßenverkehr zugelassen sind. Der zweite ist der BMW X2 City, zu haben für rund 2400 Euro. Zugelassen werden E-Scooter nur, wenn sie über zwei von einander unabhängige Bremsen und eine Beleuchtung verfügen, berichtet Philipp Armonys. Deutlich günstigere Roller, die für etwa 500 Euro angeboten werden, erfüllen die Voraussetzung für eine Zulassung durch das durch das Kraftfahrtbundesamt nicht und dürfen deshalb nur auf privaten Flächen rollen. Es sei denn, der Hersteller bietet eine Nachrüstung. „Im Moment kauft die keiner“, berichtet Philipp Armonys.

Er geht davon aus, dass schon bald weitere Hersteller von E-Scootern mit ihren Produkten auf den Markt drängen und die Preise auf Sicht sinken werden. Gerade in Essen rechne „Lucky Bike“ mit einer hohen Nachfrage nach Elektro-Rollern. Aufgrund der Topographie und der gut ausgebauten Radtrassen biete sich Essen dafür an. Als Fingerzeig wertet Armonys die Verkaufszahlen der E-Fahrräder. Jedes zweite Fahrrad, dass die Filiale an der Altendorfer Straße verlässt, sei inzwischen ein E-Bike.