Essen. Das 37. Pfingst Open Air im Werdener Löwental verläuft friedlich. Viele junge Familien sind gekommen. Die Eindrücke unseres Reporters vor Ort.

Am 26. Mai 1980 waren die Haare lang und die Musik psychedelisch. Über 600 junge Leute lauschten den Klängen, die da abwechselnd von zwei Lkw-Bühnen herabflossen. Das Festival „umsonst und draußen“ auf der grünen Wiese war geboren. Sympathisch und ganz bescheiden. Konnte doch niemand ahnen, dass einmal Zehntausende ins Löwental pilgern würden. 2014 führte ein Orkan sogar zum Abbruchdes Konzerts. Auch 2019 sind Gewitter angesagt, doch die Fans lassen sich nicht abhalten und strömen ins Löwental.

Die Ruhrbahn hatte tausend 24-Stunden-Tickets verschenkt, die innerhalb Essens zur kostenlosen An- und Abfahrt verhalfen, auch wurden Sonderzüge der S6 eingesetzt. Diszipliniert durchqueren Jung und Alt die Kontrollen und verteilen sich auf der Wiese. Dort ist man vorbereitet auf den großen Ansturm. An vielen Ecken sind Toiletten aufgestellt, sogar gendergerecht mit Unisex-WCs. Überall Crew-Mitglieder, die sich kümmern. Hinter der Bühne warten Rotes Kreuz, Polizei und Katastrophenschutz auf den Einsatz, der möglichst gar nicht erst kommen soll. Das Sicherheitskonzept greift: Sollte das Limit von 13 200 Besuchern erreicht werden, sorgt eine Einlass-Sperre dafür, dass alles sicher bleibt.

Die Familien breiten ihre Picknickdecken aus

Erstaunlich viele Familien haben die Picknickdecken ausgebreitet, weit entfernt von den Lautsprecherbatterien. Die Kleinen bekommen zur Vorsicht noch Ohrschützer aufgesetzt. Den besten Platz hat sicherlich das Pärchen gefunden, welches sein Motorboot am Ruhrufer vertäut hat. Für die Hungrigen ist gesorgt in einem veritablen Street Food Market. Hier kann man sich international durchfuttern.

Das Festival im Löwental ist ein Treffpunkt für Familien.
Das Festival im Löwental ist ein Treffpunkt für Familien. © Socrates Tassos

Am Stand des Werdener Jugend- und Bürgerzentrum dagegen gibt es klassisch Kaffee und Kuchen. Mitarbeiterin Monika Watermann denkt kurz nach: „Mein erstes Open Air war 1984. Da war ich noch im Anerkennungsjahr.“ Dann dreht sie sich zur Bühne und wippt im Takt.

Die Band 7JULES eröffnet das Open-Air-Festival

Die Band 7JULES hat den Nachwuchswettbewerb „Mukkefukk Newcomer Contest“ gewonnen und darf das Festival eröffnen. Sänger Jules ist etwas overdressed im dicken Pulli. Er hat sein erstes Album „Funkenflug“ mitgebracht. Seine Beats sind heiß: „Das ist der Moment, wo wir alle ausrasten.“ Robert Jules Aschenbrenner bietet Deutschen Rap, der poppiger und rockiger rüberkommt als der Standard. Das kann durchaus nachdenklich werden, etwa in seiner Version eines Vater-Sohn-Konfliktes. Hinterher muss der 23-jährige Rüttenscheider durchpusten: „Als kleiner Kerl habe ich hier schon Gentleman zugejubelt. Und jetzt stehe ich selbst da oben auf der Bühne. Geil. Die Leute sind gut mitgegangen, das hat Megabock gemacht.“

Die Band 7JULES hat den Nachwuchswettbewerb „Mukkefukk Newcomer Contest“ gewonnen und darf das Festival eröffnen.
Die Band 7JULES hat den Nachwuchswettbewerb „Mukkefukk Newcomer Contest“ gewonnen und darf das Festival eröffnen. © Socrates Tassos

Die Band König Kobra kämpft erst einmal mit technischen Problemen, was sie aber nicht wirklich bremsen kann. Dann krachen die Gitarren los und gleich zwei stimmgewaltige Sänger entführen auf eine Zeitreise in ihre Jugend. In eine unbeschwerte Zeit, als es noch keine Sorgen gab. Wem das nicht gefällt, der kann zu den wummernden Beats auf der Elektronischen Wiese tanzen.

Auf dem Campingplatz-Gelände wird getanzt

Der Knaus Campingpark direkt neben dem Festivalgelände hat eine Fläche für Besucher geöffnet. Hier können sie an einem Trinkwasserbrunnen kostenlos ihre Flaschen füllen oder bei Eismann Edgar ein wirklich fruchtiges Eis schlecken. Im Notfall wäre der Campingplatz Evakuierungszone, also muss der Fluchtweg immer frei bleiben. Doch hier denkt keiner an Ernstfälle, hier wird getanzt.

Die Jungs der nächsten Band „Drens“ haben sich in einheitlich rote Shorts geworfen und bieten Skatermusik. Auch 25 Jahre nach Kurt Cobain gibt es Garagenrock. Erstaunlich. Während mit Luke Noa der nächste Act die Bühne entert, verdichtet sich das hartnäckige Gerücht, dass nachher die Essener Combo „Banda Senderos“ Unterstützung erhält aus Kupferdreh: Der Bekannte will es von einem Freund erfahren haben, der einen aus der Band kennt: „Die 257er werden gleich dazu stoßen.“ Es wird eine lange Nacht!