Essen-Kettwig. . Genau 32 Jahre lang war Sabine Moseler-Worm das Gesicht von WAZ und NRZ im Essener Stadtteil Kettwig. Jetzt geht die 60-Jährige in den Ruhestand.
32 Jahre in derselben Funktion, an derselben Stelle – und nimmt man die Zeit als Praktikantin und freie Mitarbeiterin dazu sogar 37 Jahre. Im heutigen Arbeitsleben ist das schon eine echte Seltenheit. Als Lokaljournalist wird man in einer solchen Zeitspanne zu einer Institution, sofern man einem Ort treu bleibt. Sabine Moseler-Worm, das Gesicht der WAZ in Kettwig, ist seit 1985 Redakteurin für diesen Essener Stadtteil, später kam auch die Berichterstattung für Werden hinzu. Am Mittwoch hatte sie ihren letzten Arbeitstag.
Wenn man die 60-Jährige gebürtige Duisburgerin fragt, was denn die Höhepunkte waren, an die sie sich erinnert, dann stutzt sie zunächst. „Spektakuläre Ereignisse oder Katastrophen sind nicht das wahre Leben in Kettwig“, sagt sie und meint das als Kompliment. Kettwig - das sei eine heile Welt innerhalb der Essener Stadtgrenzen, ein Dorf, in dem vielleicht nicht jeder jeden kennt, aber doch ein großes Gefühl für Zusammengehörigkeit existiert. Aus der Perspektive der bis 1975 selbstständigen Kommune ist die Stadt Essen immer noch ein wenig Okkupationsmacht, auf jeden Fall aber beruhigend weit weg.
Porträts über Menschen waren ihre besondere Leidenschaft
Sabine Moseler-Worm war über Jahrzehnte die Chronistin dieses eigenwilligen Kosmos, der sich am liebsten selbst genügt. Es waren überwiegend die kleinen, aber deshalb keineswegs unwichtigen Dinge, die sie dabei journalistisch beschäftigten. „Sublokaler Journalismus“ heißt das im Fachjargon. Porträts über Menschen, die etwas in Kettwig bewegten, waren ihre besondere Leidenschaft, das Kulturelle fand in ihr eine engagierte Fürsprecherin. Das Vereinsleben, die Kommunalpolitik, die Stadtplanung, das Bauen, der Handel vor Ort – all dies sind Themen, die in einer Lokalzeitung, sei sie gedruckt oder digital, nicht fehlen dürfen.
Als Alleinredakteurin, die Sabine Moseler-Worm in den letzten mindestens zehn Jahren war, muss man nicht nur von allem etwas verstehen oder sich zumindest rasch einarbeiten können. Genauso wichtig ist es, die Seele, den Geist eines Ortes zu fühlen und zu begreifen. Nicht jeder Essener Stadtteil hat eine solche Seele, Kettwig aber ganz sicher, „und Werden ist eigentlich nicht anders“, betont Moseler-Worm.
Seit rund zehn Jahren auch für Essen-Werden zuständig
Seit rund zehn Jahren war sie auch für diesen Stadtteil zuständig, der ebenfalls von einem starken bürgerschaftlichem Engagement geprägt ist, räumlich, historisch und mental Essen allerdings näher liegt.
Die Kunst des Lokaljournalisten liegt auch darin, Themen zu finden, die einem nicht auf dem Silbertablett serviert werden. Das ist vor allem dann wichtig, wenn es im Sommer oder auch zwischen den Jahren ruhiger wird und einfach auch einmal wenig bis nichts passiert. Sabine Moseler-Worm fand immer irgendetwas Interessantes, um die Zeitungsseiten zu füllen, für die sie zuständig war. Jammern galt nicht bei ihr, den Chef um Hilfe rufen auch nicht. Dafür erwartete und erhielt sie einen großen Spielraum, der auch der Tatsache geschuldet war, dass sie räumlich auf dem einzigen Außenposten saß, den die Essener Lokalredaktion hat. Mitten in der Kettwiger Altstadt. „Es war eine wirklich schöne Zeit“, sagt sie.
In Kettwig auch privat zuhause
Kettwig hat eine lange eigene Geschichte
Die Kettwiger Eigenart rührt aus einer jahrhundertelangen eigenen Geschichte her, die mit Essen letztlich keine Berührungspunkte hatte. Am 1. Januar 1975 wurde die Stadt trotz des Widerstands der Bevölkerung im Rahmen der Gebietsreform in NRW aus dem Kreis Düsseldorf-Mettmann eingemeindet; der westlichste Kettwiger Stadtteil Mintard, erst 1930 eingemeindet, kam zu Mülheim. Ein Bürgerbegehren für die Wiederherstellung der Stadt und die Rückgemeindung in den Kreis Mettmann, das im Jahr 1996 fast 55 Prozent der Abstimmenden forderten, wurde von der Landesregierung abgelehnt.
In Kettwig ist sie auch privat zuhause, ihrem Mann, den zwei Kindern und fünf Enkelkindern will sie künftig mehr Zeit widmen. Aber in Kettwig wird man auch weiterhin einiges von ihr hören. Vereine vernahmen von ihrem Entschluss, in den Vorruhestand zu gehen, und fragten bereits nach, ob sie mit ihrer Mitarbeit rechnen könnten. In den Bürgerschaftsportalen der sozialen Netzwerke, die vor allem in Kettwig viel Resonanz finden, wird sie hin und wieder ihr Wort kundtun. Und ihren alten Kollegen hat sie schon mitgeteilt, dass sie auch weiterhin die Augen in ihrem Stadtteil aufhält.
Alles Gute, Sabine Moseler-Worm!