Essen-Frohnhausen. Jugendliche aus verschiedenen Ländern schreiben eigene Kochbücher. Das Förderprojekt „Angekommen in deiner Stadt Essen“ unterstützt sie dabei.

Sichtlich stolz präsentieren Marigona (16) aus dem Kosovo, Sadiq (18) aus dem Irak und Gottfred (17) aus Ghana ihre bunt gebundenen Hardcover-Kladden: Es sind Kochbücher, die sie und zwölf weitere junge Einwanderer in den vergangenen sechs Wochen geschrieben und gestaltet haben. Die jungen Leute besuchen in der Adelkampschule in Frohnhausen die Seiteneinsteigerklasse des Robert-Schumann-Berufskollegs und werden im Rahmen des Projekts „Angekommen in deiner Stadt Essen“ auf das Berufsleben in ihrer neuen Umgebung vorbereitet.

Sie kommen aus zig verschie denen Ländern und sprechen naturgemäß alle eine andere Muttersprache. Da hilft nur eine gemeinsame Sprache, und die erlernen sie – auch – in der internationalen Förderklasse. Der Lernwille scheint groß zu sein, denn nach nur wenigen Monaten in Deutschland verstehen sie schon eine Menge. Und dass es mit dem Sprechen noch hapert, ist selbstverständlich.

Alle neun städtischen Berufskollegs beteiligen sich

Carol Pilars de Pilar (r. Buchbindeprojekt) bei Präsentation des Kochprojektes der Adelkampschule.
Carol Pilars de Pilar (r. Buchbindeprojekt) bei Präsentation des Kochprojektes der Adelkampschule. © Vladimir Wegener

Allerdings sind alle Jugendlichen schulpflichtig. Deshalb weist die Stadt Essen sie verschiedenen Schulen zu. Das Robert-Schumann-Berufskolleg an der Sachsenstraße und die anderen acht städtischen Berufskollegs arbeiten dabei eng mit dem Projekt „Angekommen in deiner Stadt“ zusammen. Dieses wird von Walter-Blüchert-Stiftung gemeinsam mit dem Schulministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Essen gefördert. Es ruht auf zwei Säulen: größtmögliche Flexibilität bei der Förderung in der Schule – und größtmögliche Stabilität durch intensive Begleitung und Betreuung auch nach der Schule. Dafür ist am Robert-Schumann-Berufskolleg, das sich auf Wirtschaft und Verwaltung konzentriert, neben der regulären Sozialpädagogin noch eine weitere mit einer halben Stelle im Einsatz.

Ziel ist der Schulabschluss nach Klasse 10

„Wir bereiten die Jugendlichen auf die Schule vor, damit sie zuerst den Hauptschulabschluss nach Klasse 9 machen“, erläutert Thomas Haep, der Leiter des Berufskollegs. „Gleichzeitig werden sie in Praktika vermittelt, damit sie Betriebe kennenlernen und dann möglichst den Abschluss nach Klasse 10 zu schaffen.“

Das Programm startet vor drei Jahren in Dortmund

Das Programm startete 2015 mit einem Projekt in Dortmund in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW und der Stadt.

Die Walter Blüchert Stiftung hilft Menschen in Not dabei, ihr Potenzial zu entwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, indem sie sie bei der Überwindung gesellschaftlicher Barrieren unterstützt.

Dabei arbeitet sie mit bewährten Projekt-Partnern zusammen, deren Angebote wissenschaftlich begleitet werden und nachweislich wirken.

Doch so weit sind die Mädchen und Jungen aus dem Kunst- und Kochkurs an der Adelkampschule noch nicht. Sie hatten in den vergangenen sechs Wochen mit Carol Pilars de Pilar eine bildende Künstlerin an ihrer Seite, die mit ihnen das Kochbuch erstellte. Ob Muffins, Hähnchen mit Reis oder Pizza, Nudelsalat oder indischer Reis: Die leckeren Rezepte haben die Schüler alle in ihrem Kladden in Deutsch aufgeschrieben. „Und auch in Arabisch“, weist Sadiq auf sein zweisprachiges Kochbuch hin.

In den Sommerferien steigt eine große Abschlussparty

Schulleiter Thomas Haep mit Sadiq (18 Jahre, links) und Gottfred (17 Jahre, rechts) bei der Präsentation des Kochprojektes des Robert-Schumann-Berufskollegs einschließlich des Kochbuches.
Schulleiter Thomas Haep mit Sadiq (18 Jahre, links) und Gottfred (17 Jahre, rechts) bei der Präsentation des Kochprojektes des Robert-Schumann-Berufskollegs einschließlich des Kochbuches. © Vladimir Wegener

Nach Abschluss des Kochkurses stehen den Jugendlichen in der Adelkampschule nachmittags eine große Palette an Förder- und Freizeitmöglichkeiten offen. Neben Sport an drei Tagen können sie täglich Hausaufgabenhilfe in allen Fächern in Anspruch nehmen. Deutsch-Unterricht ist an vier Tagen obligatorisch, um sie auf den Abschluss vorzubereiten oder einfach die Grammatik zu erlernen. Neben Englisch, Mathematik und Musik stehen schließlich auch Kurse in „Deutsch für deinen Beruf“ auf dem Lehrplan, die auf Bauberufe oder den Einsatz in der Gastronomie vorbereiten.

Das ist für die 15 Jugendlichen, die sich am Dienstag über ihr Abschlusszertifikat freuen durften, aber noch Zukunftsmusik. Sie dürfen sich schon auf die Party freuen, die mitten in den Sommerferien für alle Teilnehmer des Programms in der Adelkampschule steigt. Damit sie fühlen, was es heißt: „Angekommen in deiner Stadt Essen“.