Essen. . 16.500 Mehrwegbecher hat die Stadt bislang in Umlauf gebracht – als Alternative zum Wegwerfbecher. Warum sich das Pfandsystem nicht durchsetzt.

Für viele gehört er dazu, auf dem Weg zur Arbeit, in der Mittagspause. . . – der „Coffee to go“, der Kaffee zum Mitnehmen, gerne im Wegwerfbecher serviert. 34 davon nutzt statistisch jeder von uns jedes Jahr. 2,8 Milliarden Einwegbecher landen im Müll.Diese schwindelerregende Zahl nannte dieser Tage das Bundesumweltamt. In Essen sind es 80.000 Becher, jeden Tag. Während Bundesumweltministerin Svenja Schulze die Hersteller von To-go-Bechern zur Kasse bitten will, versucht sich Essen an einem freiwilligen Pfandsystem – bislang aber mit sehr bescheidenem Erfolg. „Uns fehlen einfach die Partner“, bedauert Margret Schulte von der Grünen-Hauptstadt-Agentur.

Vor gut einem Jahr hat die Stadt dafür eigens einen eigenen Mehrwegbecher herausgebracht um dem Einwegmodell etwas Nachhaltiges entgegenzusetzen, zu haben für 3,90 Euro. „Mein Essen – Mein Becher“ steht darauf zu lesen, abgebildet sind die Silhouetten markanter Essener Gebäude hinter grünem Vordergrund. „Der Becher besteht aus nachhaltigem Kunststoff. Er wird in Minden hergestellt. Es sind also keine Kinderhände im Spiel“, berichtet Margret Schulte. Außerdem garantiere der Hersteller 500 Spülmaschinengänge. Alles Gründe für den umweltbewussten Konsumenten, zuzugreifen.

Für ein Tauschsystem braucht es Kaffee-Ketten, Bäckereien und Tankstellen

16.500 Becher sind mittlerweile im Umlauf. Eine Zahl, mit der sie in der Grünen-Hauptstadt-Agentur durchaus zufrieden sind. Nur, das System dahinter, es funktioniert nicht.

„Im Idealfall ist es ein Tauschsystem“, erläutert Margret Schulte. „Man kann seinen Mehrwegbecher gegen Pfand zurückgeben.“ Man bekommt sein Geld wieder, oder nimmt einen neuen, sauberen Becher mit oder lässt seinen eigenen wieder füllen. Dafür braucht es Kaffee-Ketten, Bäckereien und Tankstellen. Also ein möglichst eng geknüpftes Netz an Anlaufstellen mit hoher Kundenfrequenz. Doch gerade eine Handvoll macht bislang mit: das Café Konsumreform im Generationen-Kulthaus an der Viehofer Straße zählt dazu, die Hania Kaffeemanufaktur in der Kastanienallee und die Bäckerei Café Ruhrblick in Burgaltendorf. Dazu eine Reihe öffentlicher Institutionen und Einrichtungen vom Allbau bis Stadtwerken. Andere, auch größere Bäckerei-Ketten, zeigen dagegen bislang leider kein Interesse, berichtet Margret Schulte. Mangels Vertriebssystem bleibe dem Essener Mehrwegbecher das Umweltsiegel „Blauer Engel“ versagt.

Einige Bäckerei-Ketten geben Selbstabfüllern Rabatt

Zu jenen, die abwinken, zählt die Essener Bäckerei Peter, sonst Umweltthemen gegenüber aufgeschlossen. „Im Prinzip spricht nichts gegen Mehrwegbecher“, sagt Klaus Peter, Inhaber des Familienunternehmens. Er sagt aber auch: „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Leute zu erziehen.“ Gleichwohl hat Bäcker Peter ein Pfandsystem getestet, ein Jahr lang in zwei Rüttenscheider Filialen. Die Resonanz sei sehr gering gewesen, berichtet Klaus Peter. Offensichtlich hätten die Leute keine Lust, den ganzen Tag einen Becher mit sich herumzuschleppen. Vom Tisch sei das Thema damit nicht. Bei Bäcker Peter denken sie laut Klaus Peter über die Kooperation mit einem bundesweit agierenden Pfandsystem nach in der Erwartung, dass sich ein solches beim Verbraucher schneller durchsetzt. Bis dahin bleibe es bei Einwegbechern, die seien immerhin vollständig recyclefähig.

Wer seinen eigenen Kaffeebecher mitbringt, kann diesen in Peter-Filialen füllen lassen. Andere Bäckerei-Ketten geben dann sogar Rabatt, so Margret Schulte. Bei Kamps zahlen Kaffee- und Teetrinker 10 Cent weniger, bei Malzers 20 Cent. Die Hoffnung, dass sich für den Essener Becher weitere Partner finden, hat sie noch nicht aufgegeben.