Essen. In der Finanz- und Wirtschaftskrise wird es für Kneipenwirte, Restaurantbetreiber und Hoteliers in Essen immer schwieriger, Bürger zum Trinken, Essen, Feiern und Schlafen in ihre Betriebe zu locken. Viele Wirte behelfen sich durch Aktionen rund ums Essen und Trinken.

2010 entscheidet sich nach Einschätzung von Gastronomie-Fachleuten, wer überleben wird und wer nicht. Denn bei vielen gehen die Rücklagen nach dem massiven Einbruch bei Hotelübernachtungen und in der Gastrobranche in diesem Jahr langsam zu Neige. Und alle kämpfen im Ruhrgebiet gegen negative Tendenzen: Die zunehmende Übersättigung der Bürger, ihre geringere Kaufkraft im Vergleich zu anderen Metropolen und gegen zunehmende Konkurrenz, die vor allem mit Billigpreisen versucht, Marktanteile zu gewinnen.

Ein gutes Abendessen allein reicht nicht

"Man muss Anlässe bieten, Erlebnisse schaffen, damit die Leute ausgehen“, meint Thomas Kolaric, Geschäftsführer des nordrheinischen Teils des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Foto: Marc Wiegand © WAZ FotoPool

„Heutzutage muss sich jeder Wirt etwas Besonderes einfallen lassen, um Bürger zu sich zu bewegen. Man muss Anlässe bieten, Erlebnisse schaffen, damit die Leute ausgehen“, meint Thomas Kolaric, Geschäftsführer des nordrheinischen Teils des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). „Es reicht einfach nicht aus, nur die Tür zu öffnen und ein gutes Abendessen anzubieten“, ist die Erfahrung von Christiane Behnke, Vorsitzende der Dehoga-Kreisgruppe Essen und Betreiberin des Alt-Krayer Gasthaus „Budike“.

Sie bietet Spargelschälwettbewerbe zum Spargelbuffet, Gänsebraten zur Weihnachtszeit, Familienbrunch zum Nikolaus mit Extra-Päckchen für die Kleinen und wöchentlich einen günstigen Schnitzeltag. Andere Wirte spielen in ihrer Kneipe die TV-Sendung „Wer wird Millionär“ nach oder laden regelmäßig zum Krimi-Dinner mit Leiche zum Desserts.

Bürger sind preissensibel

Aber oft hilft auch das nicht - die Bürger sind in vielen Essener Stadtteilen nach Erfahrung der Dehoga-Experten sehr preissensibel. „Wenn ich in Kray für den Gänsebraten über 20 Euro verlange, wie es eigentlich nach der Kalkulation notwendig wäre, dann würden nur noch wenige kommen“, erzählt Behnke. Gleichzeitig seien aber die Ansprüche der Gäste an Sitzkomfort, Servicequalität und Atmosphäre in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Viele Gäste beachteten gar nicht, wie viele Kosten Restaurants zu tragen hätten. Hausfrauen errechneten schnell, wie teuer die Lebensmittel auf den Tellern einer Familie kämen. „Wir sind aber keine Lebensmittelverkäufer“, sagt Kolaric, sondern man sei zuständig für eine Wohlfühl-Kultur rund um den Gast. Diese zu schaffen, sei recht aufwendig.

Besonders stark unter der Krise leiden die Hoteliers in Essen. Die Dehoga hofft deshalb, dass sich die Prognosen für die Kulturhauptstadt bewahrheiten: Ein Plus von fünf Prozent bedeute für Essen 50.000 Übernachtungen mehr. „Das wäre ein Riesending, das hoffentlich Nachhaltigkeit produzieren wird: Viele Touristen bemerken vielleicht, wieviel es hier zu sehen gibt - und kommen dann für einen weiteren Kurztrip wieder“, meint Kolaric. Derzeit sei der Preiskampf für Hotels enorm: Man könne in Essen bereits für 20 bis 30 Euro pro Nacht in einem Hotel übernachten.