Frintrop. Bisher bastelte die Mittwochsgruppe im Papst-Leo-Haus Deko zur Verschönerung des eigenen Hauses. Seit gut drei Monaten tut sie der Umwelt Gutes.
Wilhelm Pülke steht leicht gebückt an der Kante eines Tisches. Mit der linken Hand hält der 89-Jährige die Gehrungsschneidelade fest. Die rechte Hand umfasst fest den Griff einer Säge, deren Zähne sich durch gleichmäßiges Hin- und Herziehen durch einen Ast frisst. Schnell fällt das erste Stück ab. Es ist exakt so lang wie die Weißblechdose hoch ist, die auf dem Tisch steht. Das hat seinen Grund: Vier, fünf oder sechs Aststücke werden dicht mit gleichlangen Bambus-Stöcken, die wie das Holz aus dem Baumarkt stammen, in die Dose gezwängt und werden so zu einem Insektenhotel.
Hochbeet mit Blumen soll Insekten einladen
Damit die Insekten auch fleißig die Hotels nutzen werden, sollen sie farbenprächtig eingeladen werden. In der Nähe der aufgehängten Dosen ist ein Hochbeet mit Wiesenblumen und Gräsern geplant.
Bei dem Engagement, das die Damen und Herren an den Tag legen, dürfte der Eigenbedarf an Insektenhotels bald gedeckt sein. Nachdem ein Facebook-Beitrag über die Insektenhotels aus Frintrop auf großes Interesse gestoßen war, hat Quartiersmanager Hubert Röser schon eine Idee, was mit dem Überschuss passieren soll. „Am Tag der offenen Tür am 20. Juli werden wir die übrigen Exemplare gegen eine Spende an Besucher abgeben.“
„Ohne Zeitung kann ich nicht frühstücken“
Wilhelm Pülke hatte jüngst bei seiner morgendlichen Lektüre dieser Zeitung („Ohne Zeitung kann ich nicht frühstücken“) eine Bauanleitung für Insektenhotels gefunden. Damit ging er zu Hubert Röser und fragte, ob man sich nicht in der Mittwoch-Bastelgruppe daran versuchen könnte. Der Quartiersmanager des Papst-Leo-Hauses gab sofort grünes Licht. Die ersten Prototypen hängen schon am Zaun, der das Grundstück begrenzt.
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Bauen von Insektenhotels ist Teamarbeit
Das Bauen von Insektenhotels ist Teamarbeit. Die Damen und Herren der Bastelgruppe verwandeln die blanken Konservendosen mit Pinsel und Farbe zu kleinen Kunstwerken. Wilhelm Pülke sägt das Holz zu. Angela Otte-Tebbe vom Team des Papst-Leo-Hauses stopft die Hölzer in die Dose und bohrt die Aststücke an ihrer Schnittstelle an. „Das ist wichtig“, sagt Wilhelm Pülke. In den Löchern würden die Insekten ihre Eier ablegen und sie mit einem Sekret verkleben, damit die Brut sich geschützt über den Winter entwickeln könne.
Handwerkliches Geschick und Liebe zur Natur kommen aber nicht von ungefähr
Wilhelm Pülke war früher Postbeamter. Handwerkliches Geschick und Liebe zur Natur kommen aber nicht von ungefähr. „Wir hatten Haus, Hof und Garten. Da war man gezwungen, alles selbst zu machen. Einen Handwerker konnte man sich nicht leisten.“ Außerdem ist er bei den Naturfreunden, mit denen er viele Themenwanderungen durch Flora und Fauna unternommen hat. Schon als er noch in Gerschede wohnte, hatte er in seinem Garten selbst ein Insektenhotel gebaut, als es noch nicht Mode war.
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Per WhatsApp hält er Kontakt zu Enkeln und Ur-Enkel
Wilhelm Pülke ist bei aller Liebe zur Natur dem technischen Fortschritt aufgeschlossen. Er besitzt ein Smartphone. Das Internet ist ihm nicht fremd. WhatsApp nutzt er, um mit seinen drei Enkeln und einem Ur-Enkel Kontakt zu halten. Aus dem 89-Jährigen sprach der Opa und Ur-Opa auch, als er seinerzeit in der Bastelgruppe für seine Idee der Insektenhotels warb. „Wir sind so alt geworden, lasst uns etwas für die Umwelt und damit für die Jugend tun“, habe er gesagt.
Die Insektenhotels sind dabei nicht der einzige Beitrag für die Umwelt, den der 89-Jährige angestoßen hat. „Auf Anregung von Herrn Pülke werden wir die Plastik-Portionspackungen wie zum Beispiel für Marmelade abschaffen“, erklärt Quartiersmanager Hubert Röser.
Europa-Wahl ist für Wilhelm Pülke eine Selbstverständlichkeit
Ob er am 26. Mai auch Grün wählen wird, wollte Wilhelm Pülke übrigens nicht verraten. Der Urnengang ist aber eine Selbstverständlichkeit für ihn. „Eine Währung, keine Grenzen – das ist doch etwas Tolles“, spricht er sich für ein gemeinsames Europa aus. Bei jemandem, der früher mit dem Reisemobil kreuz und quer durch Europa tourte, verwundert das nicht. „Ich wurde in allen Ländern so lieb empfangen. Wenn ich wieder zuhause war, war ich ein anderer Mensch.“