Essen. Straßenbahn-Linie 104 von Mülheim nach Essen soll komplett gestrichen werden. Das führt in Essen zu ersten Protesten. Ist die Fusion gefährdet?
. Die Pläne der Ruhrbahn, die Straßenbahn-Linie 104 zwischen dem Mülheimer Hauptbahnhof und der Essener Endhaltestelle „Abzweig Aktienstraße“ komplett zu streichen und durch eine Buslinie zu ersetzen, stoßen im Essener Rathaus auf erste Proteste. Besonders verärgert über die aktuellen Sparpläne in der Nachbarstadt, von denen auch der Essener Nahverkehr betroffen ist, zeigt sich der Vorsitzende des Bau- und Verkehrsausschusses, Rolf Fliß (Grüne). Er hält die erst 2017 geschmiedete Fusion der Essener und Mülheimer Verkehrsgesellschaften zur Ruhrbahn inzwischen für gescheitert und plädiert für die Trennung vom Mülheimer Partner.
Noch hat der Mülheimer Stadtrat das Sparprogramm der Ruhrbahn nicht beschlossen. Doch war es die dortige Ratsmehrheit selbst, die bis 2023 Kürzungen im Mülheimer Nahverkehr von insgesamt sieben Millionen Euro forderte. Auf dieser Grundlage hat die Ruhrbahn ein neues Liniennetz („Netz 23““) geknüpft, das weniger Linien und längere Takte vorsieht. Das Angebot soll dort um rund 30 Prozent verringert werden.
Metro-Bus soll künftig Straßenbahn ersetzen
Für Essen würde das heißen: Die Linie 104, die hier die Haltestellen „Bonnemannstraße“, „Lautstraße“ und „Abzweig Aktienstraße“ anfährt, soll eingestellt werden. Stattdessen soll dort die Metrobus-Linie M1 fahren, die vom Duisburger Hauptbahnhof bis nach Essen fährt und damit auch die ebenfalls entfallende Tram-Linie 901 zwischen Duisburg und Mülheim ersetzt.
Die zwischen Essen und Mülheim verkehrende U-Bahn-Linie U18 soll auf Mülheimer Gebiet künftig nur alle 20 Minuten fahren, in Essen bleibt es in der Hauptverkehrszeit bei zehn Minuten. Damit würde, so Fliß, jede zweite Bahn Richtung Mülheim an der Essener Haltestelle Wickenburgstraße enden.
U-Bahnlinie U18 wird möglicherweise verlängert
Immerhin: Die Ruhrbahn prüft eine Verlängerung der U18 vom Mülheimer Hauptbahnhof zur Hochschule Ruhr-West. Das aber tröstet Rolf Fliß nicht. Sein Gesamturteil fällt vernichtend aus. „Wir haben ein gemeinsames Verkehrsunternehmen, aber zwei verschiedene Philosophien und zwei verschiedene Konzepte für die Zukunft. Die einen sparen sich zu Tode, die anderen wollen den Nahverkehr ausbauen.“ Während Mülheim ganze Linien streichen will, plant Essen die Bahnhofstangente und eine Verbindung zum neuen Quartier „Essen 51“. „Das passt nicht zusammen“, so Fliß. „Mit der Fusion wollten wir eigentlich das Angebot zumindest halten oder verbessern. Jetzt hat sich die Geschäftsgrundlage verändert. Es ist Zeit, sich zu trennen.“
So weit will Wolfgang Weber, Vorsitzender des Ruhrbahn-Aufsichtsrates, nicht gehen. Auch wenn „es ein bisschen verrückt“ klingt, dass unter einem Dach die einen ab- und die anderen ausbauen, „sehe ich nicht, dass die Fusion gefährdet ist“, so der SPD-Verkehrsexperte. Man könne zwar die geplanten Kürzungen für „beklagenswert“ halten, aber: „Wenn klamme Städte wie Mülheim sparen müssen, muss man damit rechnen.“ Deshalb seien neue Finanzierungsmodelle für den Nahverkehr nötig.
Aktienstraße hat eigenen Gleiskörper für die Ruhrbahn
Kurios: Auf der Aktienstraße in Essen verfügt die Ruhrbahn über einen eigenen Gleiskörper, der nicht durch den Autoverkehr behindert wird. Nur 20 Prozent des Essener Straßenbahnverkehrs verläuft auf solchen Trassen.
Ausgerechnet auf der Aktienstraße aber soll nun der Tram-Linienverkehr eingestellt werden.