Essen war der Schwerpunkt des Großeinsatzes der Polizei. Ermittelt wird gegen 34 Beschuldigte mit zumeist syrischen und irakischen Wurzeln.
Bei der landesweiten Großrazzia gegen die syrisch-irakische Rockergruppierung „Al Salam 313“ sind am frühen Mittwochmorgen allein in Essen 16 Objekte durchsucht worden. Es handelte sich um Wohnungen, Hallen und Geschäfte, sagte Polizeisprecher Ulrich Faßbender auf Nachfrage dieser Zeitung. Es seien Falschgeld, Drogen, Computer, Handys und Datenträger sichergestellt und ein Verdächtiger vorläufig festgenommen worden.
Die Einsätze, an denen auch Spezialeinheiten beteiligt waren, lagen unter anderem an der Frillendorfer Straße, der Frintroper und der Schlossstraße in Borbeck sowie an der Burggrafenstraße im Südostviertel, wo im Dezember 2017 ein Überfall eines libanesischen Clans auf eine irakische Teestube nicht nur für Schlagzeilen, sondern auch für Ermittlungen sorgte, die die Polizei letztlich auf die Spur mutmaßlich gut organisierter Krimineller brachte.
Mutmaßlich Sprachzertifikate und Pässe gefälscht
Der „Al Salam“-Truppe, deren früherer Anführer der Teestubenbetreiber Muhamad B. sein soll, werfen die Behörden inzwischen zahlreiche Waffenverstöße, Rauschgifthandel und Schleuserdelikte vor, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei Essen mit, die bei den landesweiten Ermittlungen federführend sind. Zudem sollen Sprachzertifikate für Amtsanhörungen sowie Pässe gefälscht worden sein. Muhamad B. soll die Gruppierung mittlerweile aufgelöst und Essen verlassen haben.
Erst in der vergangenen Woche hatte das Landeskriminalamt vor einem Verdrängungswettbewerb um kriminelle Märkte gewarnt, der „durch Personen mit Herkunft aus Syrien beziehungsweise dem Irak forciert scheint“. Diese konkurrierenden Gruppierungen werden, so heißt es in dem alarmierenden Lagebericht zur Clan-Kriminalität, auch vor dem Hintergrund teilweise aktueller Kriegserfahrungen im Milieu als besonders durchsetzungsstark und gewalttätig wahrgenommen.
Zusätzlicher Sprengstoff durch religiösen Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten
Doch der skizzierte erkannte Verteilungskampf, als dessen Ursprung der Überfall auf die Teestube im Essener Südostviertel gilt, könnte noch weiteren Sprengstoff bergen: Einen religiösen Konflikt zwischen Schiiten, die die „Al Salam“-Gruppierung gründeten, und Sunniten, zu denen der Schlägertrupp zählte, der den irakischen Treff an der Burggrafenstraße verwüstete.
Die Auswertung der bei der Großrazzia sichergestellten Beweismittel wird einige Zeit in Anspruch nehmen, sagte Polizeisprecher Faßbender – und den Strafverfolgungsbehörden wohl weitere Erkenntnisse bringen.
Was die Ermittler bereits wissen: Hinter dem Überfall im Südostviertel steckte ein beginnender Verteilungskampf. Es ging um die Geschäftshoheit bei diversen Großveranstaltungen mit Auftritten möglichst angesagter Künstler und folglich „um richtig viel Geld“, wie es ein Kenner der Szene formulierte.