Essen. . Zwei junge Mediziner aus Essen warten seit Wochen verzweifelt auf ihre Approbation. Sie kritisieren die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf.

Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Seit über einem Monat warten Felix und Thorben, zwei angehende Ärzte aus Essen, die ihren richtigen Namen nicht lesen möchten, auf einen Bescheid, den sie schon vor Wochen haben wollten: die Approbation. Sie bescheinigt ihnen, dass sie endlich offiziell als Mediziner in Deutschland arbeiten dürfen. Seit Ende Februar warten sie jedoch darauf. „Es ist zum Verzweifeln. Uns sind die Hände gebunden, und wir müssen leider zusehen, wie uns die Zeit wegläuft“, sagen sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Warum?

Felix und Thorben, zwei Mittzwanziger, haben nach rund sechs Jahren ihr Medizinstudium abgeschlossen. Weil sie mit ihrem Numerus Clausus (NC) in Deutschland keinen Studienplatz bekommen hätten, gingen sie nach ihrem Abitur 2012 nach Riga und meisterten schließlich im Januar 2019 ihre Abschlussprüfungen. Am 28. Februar reichten die beiden die notwendigen Unterlagen in Düsseldorf bei der Bezirksregierung ein. Dort liegen sie bei den zuständigen Sacharbeitern offenbar noch immer.

Drei Wochen bis zur Empfangbestätigung

„Es dauerte alleine über zwei Wochen, bis ich die Empfangsbestätigung seitens der Bezirksregierung erhalten hatte“, erzählt Felix. Thorben bekam die Bestätigung sogar erst am 21. März, also drei Wochen, nachdem beide die Unterlagen „vor Ort bei einem Pförtner“ abgegeben hatten.

Als erstes Bundesland führt Nordrhein-Westfalen eine Landarztquote in Medizin-Studiengängen ein. Gesundheitsminister Laumann will so den Ärztemangel auf dem Land bekämpfen.
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Die Anspannung wuchs im März von Tag zu Tag. Denn Felix hatte für den 1. April einen Arbeitsvertrag in einem großen Klinikum in Essen unterschrieben. Thorben musste den Chefarzt eines anderen Essener Krankenhauses „täglich vertrösten, dass ich die mir angebotene Stelle nicht antreten kann, weil mir die Approbation fehlte“.

Als Felix am 23. März einen Brief von der Bezirksregierung erhielt, dass seine eingereichten Unterlagen nicht korrekt seien, handelten die beiden Freunde. „Wir sind am 25. März zusammen nach Düsseldorf gefahren, um das Gespräch vor Ort zu suchen“, berichtet Felix. Dort, so berichten sie, habe sie ein Pförtner abgewimmelt. Sie sollen es doch bitte weiter telefonisch versuchen. „Ich bat den Pförtner mehrfach darum, noch heute mit meinem Sachbearbeiter sprechen zu dürfen und wies ihn auf die Dringlichkeit unserer Anliegen hin“, sagt Felix.

Unterlagen gefordert, die nicht im Merkblatt stehen

Der Pförtner soll schließlich widerwillig ein Telefongespräch zur zuständigen Sachbearbeiterin hergestellt haben, die ein persönliches Gespräch nicht zulassen wollte. Felix: „Sie sagte mir, dass sie aus Gründen niemanden mehr ins Büro lasse.“ Auf die Frage, was an den Unterlagen denn nicht korrekt sei, soll er unter anderem als Antwort erhalten haben, dass ein polizeiliches Führungszeugnis aus dem Studienherkunftsland – also Lettland – benötigt werde. Nur: Auf der Webseite der Bezirksregierung Düsseldorf ist im Approbations-Merkblatt davon nichts zu finden.

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Er fügt hinzu: „Wir mussten das Führungszeugnis aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen lassen, weil die Amtssprache deutsch sei. Zudem sollten wir noch unser Diplom und Prüfungszeugnis von einem Notar beglaubigen lassen. Eine Beglaubigung einer öffentlichen Behörde reichte nicht aus.“

„Im Merkblatt werden die Unterlagen aufgeführt, die grundsätzlich gefordert werden“, erklärt Beatrix Van Vlodrop, Sprecherin der Bezirksregierung. „Länderspezifisch oder personenbezogen sind oft weitere Belege vorzulegen.“ Die Anforderungen seien so individuell, dass das Spektrum nicht auf einem Merkblatt abgebildet werden könne.

Kein einheitliches Arbeiten?

Die Beanstandungen habe Thorben derweil nie erhalten, sagt er. Obwohl beide zeitgleich identische Unterlagen am 28. Februar eingereicht hatten. Wird innerhalb der Bezirksregierung nicht einheitlich gearbeitet? Es gebe Standards der Bearbeitung, sagt Vlodrop. „Dass gleich gelagerte Fälle unterschiedlich bearbeitet werden, können wir nicht feststellen.“

Der 1. April rückte immer näher – und die Hoffnung, dass sie die Approbation rechtzeitig erhalten würden, schwand. Auch ein E-Mail-Verkehr mit der Düsseldorfer Regierungspräsidentin Britta Radermacher brachte keine neuen Impulse. „Das Krankenhaus hat mein Eintrittsdatum netterweise vertraglich nach hinten verschoben – bis zum 15. April habe ich Zeit“, sagt Felix.

Andere Kommilitonen können längst arbeiten

Zur Verzweiflung gesellt sich mittlerweile auch große Wut bei den angehenden Medizinern. Kommilitonen aus Riga haben ihren Angaben zufolge schon längst ihre Approbationen erhalten – von anderen Bezirksregierungen. „Wir kennen mindestens acht Kollegen, die innerhalb von fünf oder sechs Tagen oder maximal drei Wochen ihre Approbationen erhalten haben.“ Diese seien sowohl in NRW als auch in Hamburg oder Bayern ausgestellt worden. „Aus einem persönlichen Gespräch mit einem Kommilitonen wissen wir, dass dessen Sachbearbeiter mit ihm in einem Vier-Augen-Gespräch sämtliche Unterlagen zusammen durchgegangen ist“, betonen sie.

Zudem gebe es eine Person aus ihrem Umfeld, die auch in Lettland studiert und nach vier Wochen seine Approbation erhalten habe. „Auch dort war es ein zeitkritisches Thema und sein Chefarzt rief persönlich bei der Bezirksregierung an, dass diese ihm die Approbation schneller erteilt.“

Krankenhausgesellschaft unterstützt Essener Mediziner

Diese vier Wochen sind bei ihnen längst überschritten. „Uns macht es traurig, dass – trotz der angegebenen Dringlichkeit – die Bezirksregierung die Anträge nicht bevorzugt bearbeitet.“ Lothar Kratz von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen hat dafür kein Verständnis „Das ist ein Ding, das aus unserer Sicht nicht geht“, betont er.

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Portraitfoto von Matthias Korfmann am Dienstag,28.02.2017, als Kommentarfoto.
Foto: Kai Kitschenberg/Funke Foto Services
Von Matthias Korfmannzu Hausärzten

Solch ein Vorgang in Zeiten des Ärztemangels nicht nur in NRW wirft ein schlechtes Bild auf diese Bezirksregierung. „Aufgrund des bestehenden Nachwuchsmangels in der ambulanten Versorgung wird es anspruchsvoller, das Versorgungsangebot in der Fläche dauerhaft zu erhalten“, sagt Christopher Schneider von der Kassenärztlichen Versorgung Nordrhein.

Bei der Bezirksregierung Düsseldorf verwehrt man sich gegen den Vorwurf, zu langsam zu arbeiten. „Der Vorwurf der langen Verfahrensdauer wird gegen alle Bezirksregierungen gleichermaßen erhoben“, heißt es auf Nachfrage. Man sei bemüht, „die Anträge so schnell wie möglich zu erteilen, denn allen ist die Dringlichkeit und Notwendigkeit der Einbeziehung und Anstellung ausländischer Ärzte bekannt.“ Dabei würden „persönliche Belange von Antragstellern, wie zum Beispiel ein bereits bestehender Arbeitsvertrag“ bei der Bearbeitung „auf jeden Fall geprüft“.

Felix und Thorben hat das bislang nichts genutzt – ihnen bleibt nichts anderes übrig, als auf positive Nachrichten aus Düsseldorf zu warten. Allerdings wird das Geld knapp. „Wir denken darüber nach, uns arbeitslos zu melden“, sagen sie. Mieten und Lebenshaltungskosten ohne jegliches Einkommen seien bald nicht mehr zu stemmen. Sie wollen endlich anfangen, als Ärzte zu arbeiten und Menschen zu helfen. „Es ist einfach nur frustrierend.“