Essen. Die 35-Jährige, die in Essen vermutlich aus Eifersucht ihren Ehemann erstochen hat, muss für neun Jahre wegen Totschlags ins Gefängnis.

Gefasst, gehüllt in einen nur das Gesicht frei lassenden Tschador, nahm Ajda A. am Donnerstag das Urteil des Essener Schwurgerichtes entgegen. Neun Jahre lang muss die 35-Jährige für den Tod ihres Ehemannes ins Gefängnis, entschieden die fünf Richter. Dass sie, wie von ihr behauptet, das Küchenmesser nur geworfen haben wollte, nahm die Strafkammer ihr nicht ab. Denn das passe nicht zu dem tiefen Stichkanal im Oberkörper des 43 Jahre alten Mannes.

"Ich habe meine ganze Familie vernichtet", hatte die Angeklagte im letzten Wort geweint. Richterin Jutta Wendrich-Rosch nahm das in der Urteilsbegründung auf, allerdings als strafschärfendes Kriterium für die Beurteilung der Tat in der Helenenstraße in Essen-Altendorf: "Sie hat drei Kinder ihres Vaters und ihrer Mutter beraubt."

Spät den Ehemann der Vergewaltigung beschuldigt

Außerdem rügte sie, dass der älteste Sohn des Paares sich in der Urteilsbegründung anhören musste, was seine Mutter unter Ausschluss der Öffenlichkeit über den Vater behauptet hatte. Dass dieser sie nämlich in der Ehe vergewaltigt habe. Die Kammer sah aber keine Indizien für Gewalttaten des Opfers zu Lebzeiten. Denn Zeugen hatten berichtet, dass es eher die Frau war, die während eines Ehestreits mit Gegenständen geworfen und ihren Mann auch mal rausgeschmissen habe.

Die Richterin sprach von einer Kurzschlussreaktion der Angeklagten, die "zu einem so tragischen Ausgang der Ehe" geführt habe. Der 43-Jährige hatte im vergangenen Sommer einen Döner-Imbiss in Oberhausen eröffnet. Am Tatabend des 29. September vergangenen Jahres war es deshalb zum Streit der Eheleute gekommen. Sie warf ihm vor, sie und die Kinder zu vernachlässigen. Außerdem habe er wohl etwas mit einer anderen Frau.

Brotmesser mit "voller Wucht" in den Oberkörper gestochen

In der Auseinandersetzung soll sie zum Brotmesser gegriffen und es ihm von oben in den Brustkorb gestochen haben. "Mit voller Wucht", betonte die Richterin. Und das passe so gar nicht zu dem Messerwurf, den die Angeklagte geschildert habe.

Der Mann soll dabei ruhig auf einer Eckbank in der Küche gesessen haben. Durch den Stich waren so viele Blutgefäße verletzt worden, dass er verblutete. Vor seinem Tod soll er noch gesagt haben, dass er seiner Frau nie untreu gewesen sei.

Vor der Festnahme Tschador übergeworfen

Vor ihrer Festnahme hatte die nach außen tief religiös wirkende Frau noch einen Tschador übergeworfen. So nahm sie auch an der Schwurgerichtsverhandlung teil. Oft senkte sie tief den Kopf, weinte. Dann wirkte sie wiederum gefasst. Ihr Sohn rannte dagegen aus dem Saal, als im Gericht plötzlich die Tatwaffe "in Augenschein genommen" wurde, durch die sein Vater starb.

Neun Jahre Haft hatte auch Staatsanwältin Sonja Hüppe beantragt. Das Gericht sah das als "maßvollen" Antrag an, dem es folgte. Verteidiger Michael Murat Sertsöz hatte sich im Grunde der Staatsanwältin angeschlossen. Er glaube aber an einen Wurf des Messers, sagte er, und forderte fünfeinhalb Jahre Haft.

Mischung aus Eifersucht und Vernachlässigungsgefühl

Dafür sah das Gericht aber keinen Anlass. Auch wenn Richterin Jutta Wendrich-Rosch zahlreiche Milderungsgründe aufgeführt hatte. Es habe sich um einen Ausnahmezustand gehandelt, die Angeklagte sei erregt gewesen und nun von ihren Kindern getrennt. Als Motiv sah das Gericht "eine Mischung aus diffusen Eifersuchtsgefühlen, Vernachlässigkeitsgefühlen und dass sie sich in der Ehe nicht mehr wohl gefühlt hat".