Essen-Vogelheim. . Vogelheimer Gesamtschule fühlt sich vernachlässigt im Vergleich zu anderen Schulen. Daher wurden Eltern und Politiker jetzt – wieder – aktiv.

Seit sieben Jahren schickt Nicole Appelmann ihre Kinder zur Gesamtschule Nord in Vogelheim, seit über drei Jahren engagiert sich die Sozialpsychologin dort in der Schulpflegschaft.

Vergleichbar ist die Beziehung, die Karl-Heinz Kirchner zur Gesamtschule an der Förderstraße hegt. Zwei seiner Kinder haben hier ihr Abitur gemacht, als Kinderbeauftragter des Stadtbezirks V kennt er die Probleme der Schule, die derzeit von 920 Kindern und Jugendlichen besucht wird. Beide haben jetzt – unabhängig voneinander – um finanzielle Unterstützung der Gesamtschule geworben.

„Irgendwann hatte ich die Krawatte dick“, erinnert sich Nicole Appelmann. Sie wollte nicht länger den Zustand der Schule hinnehmen. „Der Boden des Schulhofs hebt sich so hoch, dass die Fünftklässler darüber stürzen; die Toiletten sind so schlimm, auf die würde ich auch nicht gehen; ein Sonnenschutz fehlt, der Putz fällt von der Wand ab, und 920 Schüler haben weder eine Unterstellmöglichkeit noch eine Pausenhalle.

Titel einer „Talentschule“ ging an Vogelheim vorbei

Die Gebäude der Gesamtschule Nord, Förderstraße 60 in Essen Vogelheim.
Die Gebäude der Gesamtschule Nord, Förderstraße 60 in Essen Vogelheim. © TIETZ, Remo

Was sie daraus schließt, ist für die Politik kein Ruhmesblatt. „Ich habe das Gefühl, dass die ,Nord’ nach hinten geschoben wird“, sagt sie und führt die Neubauten der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck und demnächst an der Erbslöhstraße sowie die Investitionen an der Bockmühle in Altendorf an. Und als jetzt noch die „Gustav“ zur Talentschule gekürt wurde, und die „Nord“ dafür leer ausging, da war der Punkt erreicht, um sich an Oberbürgermeister Thomas Kufen zu wenden.

Eine andere Perspektive hat Karl-Heinz Kirchner. Der Sozialdemokrat und fünffache Vater, der sich im Sportverein, in der „Tafel“ und in der Bezirksvertretung für Vogelheim einsetzt, verweist auf die Bergbauvergangenheit seines Stadtteils. Die Zeche Emil Emscher „gab unseren Familien sichere Einkommen, Wohnraum, eine Infrastruktur, Kirche, Kneipe, Bäcker, Kindergärten und Schulen, ein Zuhause“. Doch für die „jungen Menschen, welche Talente in handwerklichen, technischen, künstlerischen und geisteswissenschaftlichen Bereichen entwickeln können“, fehle es heute an Unterstützung. Konkret nennt er ein „Chemielabor, in dem Chemie Spaß macht, und ein Physiklabor, das sich an den Bedürfnissen der heutigen Zeit orientiert“.

Labore seit 28 Jahren nicht mehr erneuert

Beide Labore seien tatsächlich in keinem zeitgemäßen Zustand mehr, bestätigt Schulleiter Wolfgang Erdmann: „Seit Gründung der Schule vor 28 Jahren sind sie nicht mehr auf den neuesten Stand gebracht worden.“ Das Schulministerium verlange wohl, die Schüler an technische (MINT) Fächer heranzuführen, aber das sei mit den veralteten Fachräumen nicht möglich: „Dabei geht es uns nur um stinknormalen Unterricht mit Schülern.“ Sie benötigten „Möglichkeiten zum selbstständigen Erkenntnisgewinn.“

Konkret bittet Karl-Heinz Kirchner jetzt die RAG-Stiftung, mitzuhelfen, die Laborausstattung zu verbessern. Die Stiftung unterstützt die „Nord“ bereits bei mehreren Projekten, sieht sich jedoch aus Satzungsgründen nicht in der Lage, ein Labor einzurichten.

Bessere Nachrichten hat Nicole Appelmann von Thomas Kufen erhalten. Er teilte ihr mit, dass die Vogelheimer Gesamtschule Nord kurzfristig mit 1,8 Millionen Euro, etwa aus dem Programm „Gute Schule 2020“, gefördert werde.

RAG-STIFTUNG UNTERSTÜTZT DIE SCHULE BEI DREI PROJEKTEN

  • Die RAG-Stiftung hat der Schule zwei Jahre lang einen Fellow-Einsatz ermöglicht. Dadurch konnten ausgebildete Studenten die Schüler bei der Berufsfindung unterstützen.
  • Fußball trifft Kultur – gemeinsam mit Rot-Weiss Essen.
  • Teilnahme an den „Talent Tagen Ruhr“ und am Programm „Ruhr-Talente“.