Essen. . Fest wird in diesem Sommer erstmals nicht stattfinden. Für viele Teilnehmer kam die Absage unerwartet. Dezernent will Kulturpfad-Idee neu beleben

Für die einen ist es eine vorläufige Denkpause, für die anderen der Anfang vom Ende. Fest steht: Das traditionelle Kulturpfadfest in der Essener City wird nach 18 Jahren in diesem Sommer erstmals nicht stattfinden. Für die meisten Akteure, die sich seit vielen Jahren an diesem Straßenfest beteiligen, kam die Nachricht vom vorläufigen Aus absolut überraschend. Zumal ein Großteil der Teilnehmer schon mitten in den Vorbereitungen steckt. Der Termin am 14. Juni 2019 war längst festgelegt. Das diesjährige Kulturpfadfest sollte das 100-jährige Bestehen der Volkshochschule und das 100-jährige Bauhaus-Jubiläum in den Blick nehmen. Doch nun sind alle Planungen vom Tisch.

Der Burgplatz als Bühne: Die lockere Open-Air-Atmosphäre lockte in den vergangenen Jahren viele Besucher
Der Burgplatz als Bühne: Die lockere Open-Air-Atmosphäre lockte in den vergangenen Jahren viele Besucher © Olaf Ziegler

Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain , der die Teilnehmer der Arbeitsgruppe Ende Januar mit der Absage konfrontierte, will jedoch nicht von einem endgültigen Aus für das Kulturpfadfest sprechen. Sein Interesse sei vielmehr groß, den städtischen Straßenraum weiter zu stärken. Das derzeitige Konzept hält Al Ghusain allerdings für nicht mehr überzeugend. Zumal von den blauen Steinen, die den Essener Kulturpfad zwischen Museum Folkwang bis in die nördliche Innenstadt einst sichtbar machten, heute kaum noch etwas zu sehen ist. Die meisten Steine sind inzwischen kaputt, eine Reparatur gilt als zu kostspielig. Ob und wie die Idee dieses blauen Bands Essener Kulturlebens neu belebt werden kann, steht weiter zur Debatte. Al Ghusain wünscht sich eine stärkere Konzentrierung des Festes, auch was die Teilnehmerzahl angeht. Wer dazu gehöre und wer nicht, „darüber muss man reden dürfen“, sagt der Dezernent. Er hatte deshalb zunächst für eine kleinere Festival-Ausgabe auf dem Burgplatz plädiert.

„Mit dem Kulturpfadfest hat Essen ein Alleinstellungsmerkmal“

Ein Vorschlag, mit dem nicht nur Beate Scherzer von der Buchhandlung Proust hadert. Gegen eine inhaltliche Überarbeitung des Festes sei grundsätzlich nichts einzuwenden. Interessant sei das Fest aber gerade deshalb, „weil es auf die ganze Stadt verteilt ist“, sagt die Proust-Chefin. Hier hatte es zuletzt Schaufenster-Lesungen und Bürgersteig-Konzerte gegeben. Mit dem Kulturpfadfest habe Essen zwischen andernorts weit verbreiteten Formaten wie der Nacht der Museen immerhin ein Alleinstellungsmerkmal, sagt Martin Siebold, Sprecher der Theater und Philharmonie. Eines zudem, das viele verschiedene Player von den großen Institutionen wie Museum Folkwang oder Lichtburg, aber auch die freien Träger an einem Strang ziehen lässt. „Das ist das große Pfund dieses Festes: die Vernetzung untereinander“, sagt Rainer Teuber, Leiter des Besucherservice am Essener Dom.

Straßenmusik als Markenzeichen. Die „Talking Horns“ beschallten das Publikum auch beim Kulturpfadfest 2018.
Straßenmusik als Markenzeichen. Die „Talking Horns“ beschallten das Publikum auch beim Kulturpfadfest 2018. © Tassos

Als Besonderheit des Kulturpfadfestes hat sich vor allem auch das Zusammenspiel von Kultur und Kirche erwiesen. Der Essener Domschatz begleitet die Aktion seit Jahren mit besonderen Führungen und Aktionen. Auch für Kreuzeskirche und Erlöserkirche, für die Alte Synagoge und Altkatholische Friedenskirche war das Kulturpfadfest bislang stets ein willkommener Türöffner. „Wir würden es bedauern, wenn es keine Fortsetzung gibt“, sagt Stefan Koppelmann, Sprecher des Evangelischen Kirchenkreises Essen. Für Neuerungen sei man offen. Befürchtet werde jedoch, dass ein Stadtfest wie dieses – einmal ausgesetzt – nur schwer neu zu beleben sei. Zwei Ensembles, die man schon für den diesjährigen Auftritt in der Marktkirche verpflichtet hatte, mussten wieder ausgeladen werden.

Vom vorläufigen Aus für das Kulturpfadfest wurde auch Silke Seibel überrascht, die die Veranstaltung von Beginn an als künstlerische Leiterin organisiert hat, bislang aber nur aus zweiter Hand von der Absage erfahren hat. Seibel hat das Fest bislang als externe Beraterin in Kooperation mit dem Kulturbüro kuratiert. Die Gesamtkosten werden mit 80.000 Euro für Künstler, Technik und Personalkosten beziffert. Getragen wurde das Budget bislang von der Stadt und von Sponsoren wie RWE, PWC und der Sparkasse. Nach Angaben von Silke Seibel wurde das Fest im Durchschnitt von 10.000 bis 12.000 Gästen besucht.

>>>TANZ, THEATER, MUSIK UND LESUNGEN

Das Kulturpfadfest ist seit 2002 ein festes Datum im Kulturkalender der Stadt. Es verbindet ganz unterschiedlichen Kulturstätten und Institutionen.

An mehr als 20 Spielorten wurden in den vergangenen Jahren Konzerte, Lesungen, Tanz, Film, öffentliche Ballettproben oder Performances geboten, größtenteils bei freiem Eintritt.