Essen. . Die Stadt Essen hübscht den unauffälligen Bismarckplatz auf. Ein privater Investor will Denkmal des ersten Essener Ehrenbürgers aufpolieren.
Die berüchtigte Autovorrang-Politik der sechziger und siebziger Jahre hat in Essen für das bemerkenswerte Phänomen gesorgt, dass repräsentative Plätze ihr ehedem charmantes Gesicht nahezu vollständig verloren haben. Das gilt nicht nur für den Rheinischen, den Viehofer oder den Berliner Platz, sondern auch für den Bismarckplatz.
Lauter ungemütliche, aber effiziente Orte, an denen monströse Blechlawinen das Bild beherrschen. Das schmale Dreieck vor dem imposanten Bau der alten Reichsbahndirektion – heute Deutsche Bank – hat die Stadt jetzt aufpoliert. Und auch die Kölner Immobilien-Entwicklungsgesellschaft Art-Invest Real Estate schießt privates Geld zu: Die Kölner wollen Bäume pflanzen, Pflanzbeete anlegen und dem arg verwitterten Bismarck-Denkmal zu neuem Glanz verhelfen.
Neue Rechtsabbiegespur auf der Kruppstraße
Autofahrer, die von Holsterhausen kommend früher gerne schon kurz vor der Krupp-Straße einbogen, um an der roten Backsteinfassade vorbei schnell auf die Bismarckstraße zu gelangen, haben die Veränderungen besonders zu spüren bekommen: Ein Verbotsschild untersagt ihnen jetzt die Weiterfahrt. Als Ersatz hat die Stadt dafür eine viel praktischere neue Rechtsabbiegespur zur Bismarckstraße eingerichtet. Autos können von dort weiterhin über den Bismarckplatz fahren, dort parken und anschließend nach rechts in die Kruppstraße einbiegen. Für die Aufwertung des Bismarckplatzes hat der Rat rund 190.000 Euro bereitgestellt.
100Jahre alte Postkarten zeigen Bismarckplatz im Kaiserreich
An den langen Seiten des spitzwinkeligen Dreiecks-Platzes werden im Frühjahr jeweils drei Bäume gepflanzt. Wer sich alte, gut hundert Jahre Postkarten anschaut, sieht: Schon in der Blütezeit des Kaiserreichs umgab repräsentatives Grün die Statue Bismarcks, des Reichsgründers und ersten Ehrenbürgers Essens. Eine Statue, die den damals innigst verehrten Eisernen Kanzler ganz im Geist jener Zeit zeigt: in voller Uniform und Mantel, mit Degen und Reichsverfassung – natürlich stehend und nicht sitzend.
Eine der vier stark verwitterten Reliefplatten darunter zeigt Alfred Krupp und Bismarck, der Industrielle führt seinem Gast eine Kanone vor. Eine Anspielung auf Bismarcks Besuch bei Krupp im Jahre 1864. Schon sehr früh, am 25. Juli 1879, verliehen die Essener Stadtverordneten dem Reichsgründer die Ehrenbürgerschaft. Und zwei Jahrzehnte später, im September 1899, setzten sie ihn auf dem gleichnamigen Platz auf den hohen hellen Granitsockel. Der Plan, ein Hotel auf dem Platz zu bauen, war ein Jahr zuvor verworfen worden. Stattdessen ließ sich die Königliche Eisenbahndirektion hier nieder, nur einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt.
Bismarck mit viel Grün, Flaneure und keine Autos
Das Schwarz-Weiß-Foto von 1910 mit der prachtvollen„Städtischen Höheren Mädchenschule“ (Luisenschule) im Hintergrund betont den Platzcharakter: Menschen flanieren über breite Bürgersteige, von Autos keine Spur, stattdessen ist ein Pferdefuhrwerk zu sehen.
Der Bismarckplatz ist ein Ort, an dem sich Verliebte zum ersten Rendezvous treffen konnten. Heute schaut Fürst Otto von Bismarck auf ein endloses Band von Autos und die Hochhausriesen von RWE und Rheinstahl, von Flaneuren keine Spur. Direkt unter ihm spuckt die U-Bahnstation morgens die Angestellten aus, die in hastigen Schritten an ihm vorbei zur Deutschen Bank eilen.
>>> GESCHICHTE(N) VOM BISMARCKPLATZ
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ls die Reichsbahndirektion bei den alliierten Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wird, wird auch der bronzene Bismarck getroffen. Mit dem Wiederaufbau als Bundesbahndirektion wird auch das Denkmal gründlich saniert.