Essen. . Hardy Krüger jr. spielt in Essen Theater. Im Interview sagt er, warum Organspenden wichtig sind und das Traumschiff bald auch ohne ihn ablegt.
Wenn er auf die Bühne kommt, brandet Szenenapplaus auf: Hardy Krüger jr. gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Gesichtern im deutschen Fernsehen. Nach dem „Forsthaus Falkenau“ galt er zuletzt als Favorit für den Kapitäns-Job auf dem „Traumschiff“. Warum nun Florian Silbereisen am Ruder steht und weshalb er lieber in einer Organkomödie namens „Die Niere“ auf der Bühne des Rathaus-Theaters steht, darüber sprach der 50-Jährige bei seinem ersten Essener Gastspiel mit Martina Schürmann.
Herr Krüger, auf dem Boulevard haben sonst Herz und Lachmuskel das Sagen. Ein Stück namens „Die Niere“ ist uns noch niemals untergekommen. Was ist zu erwarten?
„Die Niere“ ist kein typisches Boulevard. Autor Stefan Vögel ist einfach sehr geschickt darin, intelligente, gut gebaute Komödien zu schreiben, die unterhalten, aber auch Spitzen setzen. Ich denke da immer an einen Satz von Peter Ustinov: Man muss die Leute erst mal zum Lachen bringen, bevor man sie zum Nachdenken bringt.
In „Die Niere“ geht es um das schwierige Thema Organtransplantation. Wollen Sie über die Hintertür des Humors auch Aufklärungsarbeit leisten?
Natürlich wollen wir das Thema auch enttabuisieren. Man redet nicht gerne über Organspenden, weil man nicht über den Tod reden möchte. Das ist das Absurde in unserer eigentlich so gläsernen Gesellschaft. Ich versuche ganz offen über solche Themen zu reden. Wir wissen doch, dass jedes Jahr viele Menschen sterben, weil die Organspende-Bereitschaft in Deutschland dramatisch niedrig ist.
Gesundheitsminister Jens Spahn hat vorgeschlagen, dass jeder ein potenzieller Spender ist, solange er nicht widerspricht. Finden Sie die Idee gut?
Auf jeden Fall!
Und haben Sie selber schon einen Spenderausweis?
Bislang noch nicht, aber ich will meine Organe auf jeden Fall zur Verfügung stellen.
Sie haben gerade zum dritten Mal geheiratet, kümmern sich zusammen mit ihrer Frau Alice um sieben Kinder. Ist das Tournee-Theaterspielen nicht auch Raubbau am eigenen Körper?
Ich bin einfach so aufgewachsen. Einen großen Teil meiner Kindheit habe ich auf dem Set meines Vaters verbracht. Ich würde mich unwohl fühlen, wenn es anders wäre. Ein Nine-to-five-Job wäre für mich undenkbar.
Fast wären Sie als Kapitän auf der Brücke des „Traumschiffs“ gelandet. Nun hat Florian Silbereisen den Job bekommen. Enttäuscht?
In dem Beruf gibt es Anfragen, die verhandelt man. Manchmal wird man am Ende einig, manchmal nicht. Wir haben lange darüber diskutiert, wie man so ein traditionsreiches Format aufs nächste Level heben kann. Damit so etwas gelingen kann, wie damals beim „Forsthaus Falkenau“, muss vieles stimmen. Ich hoffe jedenfalls, dass die Traumschiff-DNA bestehen bleibt. Aber ich selber bin bis Ende des Jahres so eng getaktet, dass ich gar nicht die Möglichkeit gehabt hätte, drei Monate auf einem Schiff zu sein. Trotzdem freue mich sehr über die Publikums-Reaktionen. Viele schreiben mir, dass sie mich gerne als Traumschiff-Kapitän gesehen hätten.
„Der Krüger hat ihmmer einen Koffer in der Hand“
Sind Sie ein Mensch mit Fernweh?
Der Krüger ist immer unterwegs. Der kann gar nicht anders, der hat immer einen Koffer in der Hand und einen Fuß in der Tür.
Sind Sie manchmal auch ein Getriebener?
Ja, ich könnte keine Bücher schreiben, Bilder malen, Rollen spielen, wenn ich nicht diesen ganzen Input hätte. Wer diese Eindrücke nicht hat, der kann diese ganzen Figuren nicht spielen.
Zuletzt haben Sie den querschnittsgelähmten Philippe in „Ziemlich beste Freunde“ und einen Mann mit Selbstmord-Absichten in „Arthur und Claire“ gespielt. Sind diese Figuren auch Spiegel Ihres Lebens, das Ihnen in den vergangenen Jahren viel abverlangt hat. Ihr Sohn ist mit acht Monaten am plötzlichen Kindstod gestorben. Sie haben Ihren Kummer mit Arbeit und Alkohol betäubt.
Schicksalsschläge sorgen dafür, dass man eine Entwicklung durchmacht. Das Leben besteht nicht aus Wegrennen, sondern aus Konfrontation. Das muss man aushalten.
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Sie glauben nicht an Zufälle?
Nein. Zufall ist eine Anordnung kosmischer Gesetze. Es muss passieren, weil ich etwas lernen muss. Ich wünsche niemandem, dass er das durchleben muss, was ich durchlebt habe. Aber es hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich habe heute einen anderen Bezug zum Tod. Aber auch zum Leben.
In Ihrem Buch „Der leise Ruf des Schmetterlings“ haben Sie diese schmerzhafte Zeit verarbeitet. Ist Schreiben auch Therapie?
Das Buch ist zwar ein Roman, aber jede Figur darin ist auch ein Teil von mir. Ich schreibe eigentlich immer. Das ist wie Meditation. Inzwischen sitze ich schon an einer Fortsetzung. Und es gibt auch Gespräche, dass der Roman bald verfilmt werden soll.
Beruflich trifft man Sie momentan aber vor allem im Theater. Warum?
Theater muss einfach wieder kultiger werden, um eine Zukunft zu haben. Es muss ein Ort sein, wo wir Leute erleben, die wir sonst nicht sehen. Deshalb habe ich mich in den letzten Jahren auch wieder auf das Theater konzentriert. Die Leute kommen, weil sie dich live auf der Bühne erleben wollen. Theater ist der Ort, wo Magie passiert.