Essen. . Ein ernstes Thema unterhaltsam verpackt: Rathaus-Theater zeigt Komödie über Organtransplantation. Publikum feiert prominent besetztes Ensemble.
„Kommt ein Mann zum Arzt“, war bislang wohl der einzige medinische Einstieg in die Welt des Humors. Doch nun kann man im Rathaus-Theater auch über die wohl erste echte Organkomödie lachen. „Die Niere“ heißt das Stück von Stefan Vögel und behandelt bei aller Vorliebe für Situationskomik und geschmeidiges Pointen-Pingpong doch auch ein ernstes Thema: die Organspende. Mit Lara-Joy Körner und Hardy Krügerjunior prominent besetzt, erntete das Stück in der Regie von Ute Willing bei seiner Premiere im Rathaus-Theater begeisterten Zuspruch.
Vergnüglicher Hahnenkampf entbrennt
Die Ausgangslage deutet dabei anfangs eher auf ein Rührstück als auf eine vergnügliche Komödie hin. Ein Ehepaar kommt vom Gesundheitscheck. Sie hat ein schweres Nierenleiden. Er könnte ein möglicher Organspender sein. „Bundespräsident Steinmeier hat’s auch gemacht“, sagt sie noch ermunternd. Doch der erfolgreiche Architekt Arnold hat gerade ganz andere große Dinge vor. Der Bau eines 26-stöckigen Hochhaus-Turms, dessen Model ihm später noch den Vorwurf phallischer Phantasien einbringt, steht seiner Meinung nach einer Spende ebenso im Weg wie sein narzisstisches Ego. Und schon bald sorgt das Transplantations-Thema für einen vergnüglichen Hahnenkampf. Denn Arnolds Kumpel Götz (Urs Schleiff), der mit seiner Frau Diana (Katharina Paul) eigentlich nur auf einen Drink vorbeischaut, will sofort - sein Organ spenden. Arnold, eben noch meilenweit von einer OP-Einwilligung entfernt, ist außer sich: Ist so eine Nierenspende nicht viel zu intim und also sein eheliches Vorrecht?
Gute Absichten und vorgeschobene Entschuldigungen
Stefan Vögel, der mit „Achtung, Deutsch“ schon zum Spielzeitstart im Rathaus-Theater bewiesen hat, dass Boulevard durchaus gesellschaftspolitischen Biss und Relevanz haben kann, greift mit „Die Niere“ mitten hinein in das Widerspruch-Gestrüpp von Empathie und Selbstbetrug, von guter Absicht und vorgeschobener Entschuldigung. Das an französischen Sozialkomödienerfolgen à la „Ziemliche beste Freunde“ oder „Monsieur Claude und seine Töchter“ geschulte Stück kommt dabei direkt auf den Punkt: Blutgruppe, Kreatinin- und Harnstoffwerte – selten wurden derlei Begriffe wohl in einer Komödie benutzt. Lara-Joy Körner als Ehefrau Kathrin jongliert sie mit Charme und souveräner Selbstverständlichkeit, während der Arnold von Hardy Krüger junior gleich Puls bekommt. Dabei hat er noch kurz zuvor mit blendenden EKG-Werten geprahlt.
Auf der sparsam eingerichteten Bühne, auf der man angesichts der bedrohlich kippelnden Liegelandschaft zunächst eher einen orthopädischen Notfall fürchtet, gerät der Abend bald zum munteren Schlagabtausch. Denn die Niere ist nur Stein des Anstoßes eines turbulenten Beziehungs-Clinchs, bei dem bald auch der Austausch anderer Körpersäfte zur Diskussion steht.
Apothekerin Diana hat da ebenso einen Fehltritt zu beichten wie Arnold, dessen Turm-Projekt angesichts der attraktiven Innenausstatterin wohl auch private Interessen bedient. Hardy Krüger junior dreht als schnappatmender Gatte richtig auf und scheut sich auch nicht, gelbe Plüschpantoffeln zu tragen, um den Schluffi im Chauvi zu enttarnen. Und wenn sich diese bei allem ernsten Hintergrund leichtfüßig und unterhaltsam daherkommende Komödie mit Herz und Niere am Ende auch nur als Probe aufs Exempel versteht: Ein wenig Nachdenklichkeit als Nebenwirkung ist durchaus erwünscht.
Mehr aktuelle Themen auf der Bühne
Stefan Vögels Komödie „Die Niere“ wurde im vergangenen Jahr mit großem Erfolg in der Komödie am Kurfürstendamm in Berlin uraufgeführt, unter anderem mit Tatort-Kommissar Dominic Raacke und Katja Weitzenböck.
Rathaus-Theater-Chef René Heinersdorff setzt mit der Essener Premiere den Trend zu jüngeren Gesichtern und aktuelleren Themen auf der Boulevard-Bühne fort. Im Rathaus-Theater ist „Die Niere“ bis zum 17. März zu sehen, später wechselt das Stück nach Düsseldorf. Kartenreservierung unter Tel. 0201/24 555 55.