Essen. Im Essener Tierheim lebt derzeit ein kleines Schweinchen: Seine Halter hatten „Schnitzel“ auf Ebay gekauft und in der Wohnung gehalten.
Es heißt Schnitzel, ist auf den ersten Blick sehr niedlich – und hat doch einige artbedingte Eigenheiten, die es für eine Wohnungshaltung untragbar machen. Schnitzel ist ein Schwein. Es lebt derzeit im Tierheim an der Grillostraße, wo die Mitarbeiter mit Sorge beobachten, dass Schweine regelmäßig bei Ebay angeboten werden. „Sie bekommen schon für zehn Euro ein Schwein“, sagt Tierpflegerin Annette Kox. Ein Schnäppchen. „Die Leute unterschätzen aber, was sie sich damit einhandeln. Schweine brauchen ein artgerechtes Umfeld und viel Beschäftigung.“
Stall, Außenbereich, Platz zum Buddeln, einen Sudelbereich mit Wasser, Knabbermaterial – das sind die wichtigsten Standards. Weil Schweine eine empfindliche Haut haben, brauchen sie auch einen Schattenplatz, bei kälteren Temperaturen sollten sie sich in eine wärme-isolierte Hütte zurückziehen können, zählt Kox auf. Anders gesagt: Das Zehn-Euro-Schnäppchen verlangt nach einer kostspieligen Unterbringung. „Das können Sie nicht einfach auf dem Balkon halten.“
„Ein Schwein gräbt jeden Garten in einer halben Stunde um“
Gartenbesitzer mögen sich hier im Vorteil fühlen, doch sollten sie nicht zu sehr an Blütenpracht und Bodendeckern hängen, warnt Kox. „Ein Schwein hat jeden Garten in einer halben Stunde umgegraben.“ Noch ernüchternder verlaufen in der Regel Versuche mit Etagenhaltung. „Spätestens wenn das Schwein im Bett buddelt, schmeißen die Leute es wieder raus.“
Auch Schnitzel ist ein Ebay-Kauf, der in einer Wohnung gehalten wurde. Abgegeben haben die Halter das fünf Monate alte Tier Anfang Januar, „weil es mit den vorhandenen Hunden nicht harmonierte“. Schnitzel, das übrigens eine Sie ist, hat ein handliches Format, wächst aber noch. Im Tierheim hat sich das Hängebauchschwein zum Herzensbrecher entwickelt. „Es ist lieb, verschmust, lässt sich sofort auf den Rücken fallen, wenn man es krault.“
Allerdings macht es auch Umstände: Um Schnitzel unterzubringen, musste eine der sechs Buchten geräumt werden, die eigentlich für Kleintiere gedacht sind. Eine weitere belegt derzeit Eber Okkoto, der zu Silvester gefunden wurde. Ob Okkoto ausgesetzt wurde oder ausgebrochen ist, wissen die Mitarbeiter nicht – ein Besitzer hat sich bisher nicht gemeldet.
Wenn die Tiere sich langweilen, fliegen Sachen durch die Bucht
Genau wie Schnitzel will auch Okkoto beschäftigt werden: In der Bucht gibt es eine Buddelkiste mit Erde, einen Korb zum Spielen; und die Mitarbeiter lassen die intelligenten Tiere kleine Aufgaben lösen: So machen sie Sitz, legen sich auf Kommando hin oder suchen wie Trüffelschweine im Streu nach Leckerchen. „Wenn sich die Tiere nämlich langweilen, fliegen die Sachen in der Bucht rum.“
Annette Kox erlebt hautnah, welchen Zeitaufwand ein Schwein bedeutet– privat würde sie niemals eins halten. „Alle rufen ,Oh, wie süß!‘, wenn sie Schnitzel sehen. Und für uns ist das mal eine nette Abwechslung, aber auf Dauer geht das hier nicht.“ Sie sei daher froh, dass in ihren zehn Jahren im Tierheim bisher nur insgesamt acht Schweine dort gelandet seien.
Wer immer sich auf Ebay oder andernorts in ein Schweinchen verliebe, solle sich klarmachen, dass das Tier nicht immer so niedlich bleibe und als Mitbewohner völlig ungeeignet sei, mahnt Kox. Für Schnitzel, die inzwischen auf den Namen Prinzessin Mononoke hört, und für Okkoto hat das Tierheim-Team jeweils ein Zuhause auf einem Hof gefunden, in das sie bald umziehen werden. Dort werden die beiden in schweinischer Gesellschaft leben. „Einzelhaltung mögen die Tiere nämlich gar nicht.“
>>> MELDEPFLICHT FÜR SCHWEINE
In Filmen wie „Rennschwein Rudi Rüssel“ oder „Ein Schweinchen namens Babe“ treten Schweine als süße Haustiere oder Familienmitglieder auf.
Für den Eigentümerverband „Haus und Grund“ sind Schweine nicht Haus-, sondern Nutztiere, die nicht in Wohnungen gehören. Wegen des Seuchenschutzes muss übrigens jedes Schwein bei der Unteren Landschaftsbehörde angemeldet werden.