An Rhein und Ruhr. . Wer die Benimm-Regeln nicht kennt, kann im Alltag schnell in arge Fettnäpfchen treten. Ein Knigge-Coach verrät einige Tricks, worauf es ankommt.

Bei Tisch gerade sitzen, die Suppe nicht schlürfen, bei der Begrüßung die Hand geben, der Dame die Tür aufhalten, Senioren den Platz anbieten – es gibt zahlreiche Regeln des guten Tons. Leicht kann man aber in arge Fettnäpfchen treten, wenn einem der „Knigge“ nicht bekannt ist. Moderne Umgangsformen vermittelt Thomas Püttmann-Lentz nicht nur in seiner Tanzschule, er gibt auch Benimm-Seminare an Schulen. Als Knigge-Coach stand er uns für ein Gespräch zur Verfügung.

Haben sich die Umgangsformen im Laufe der Jahrzehnte verändert?

Einiges wird seit den 1980er Jahren lockerer gesehen. Vor allem die Erziehung, also die Vermittlung von Regeln, ist nicht mehr so streng. Dennoch gelten nach wie vor bestimmte Umgangsformen in unserer Gesellschaft, etwa bei der Konversation, bei Tisch und im Beruf.

Wie wichtig ist Kleidung? Muss ein junger Mann im Büro einen Anzug tragen, eine junge Frau das Kostüm?

Das kommt ganz auf die Branche an. Spiele ich Tennis, nehme ich nicht die Fußballschuhe mit. Und umgekehrt. Bei den Bankern gilt immer noch: Anzug und Krawatte. In kreativen Berufen geht es eher darum, stylisch auszusehen. In einem Handwerksberuf ist Arbeitskleidung notwendig. Mit dem jeweiligen Dresscode müssen sich die jungen Leute vertraut machen. Was sie in ihrer Freizeit tragen, ist etwas anderes. Aber wenn sie auf dem beruflichen Feld mitspielen wollen, müssen sie sich da schon anpassen.

Was ist bei einem Vorstellungsgespräch wichtig?

Der erste Eindruck ist ganz entscheidend. Wir scannen bei einer Begegnung automatisch das Gegenüber von oben bis unten und beurteilen das Verhalten. Deshalb gebe ich den Jugendlichen den Tipp, das Ganze vor dem Spiegel zu üben. Angefangen von der Begrüßung, der Anrede, der Körpersprache. Bei der Begrüßung sollte man zum Beispiel nicht mit ausgestreckter Hand auf den Chef zulaufen. Der Gastgeber gibt zuerst die Hand, er bestimmt das weitere Prozedere. Augenkontakt zu halten ist wichtig. Also nicht zu Boden schauen.

Ein Händedruck sollte nicht zu fest, aber auch nicht zu schlabbrig sein. Bei der ersten Begegnung sind die Höflichkeitsregeln besonders wichtig.
Ein Händedruck sollte nicht zu fest, aber auch nicht zu schlabbrig sein. Bei der ersten Begegnung sind die Höflichkeitsregeln besonders wichtig. © Kritchanut

Das Smartphone ist vielen sehr wichtig....

Bei einer Unterhaltung ist es unhöflich, das Handy zu benutzen. Bei Tisch sollte es in der Tasche verschwinden. Allenfalls bei wichtigen zu erwartenden Anrufen ist es gestattet, das Gerät neben sich zu legen. Das sollte man dem Gesprächspartner dann erklären.

Was ist mit Social Media?

Soziale Medien verführen zu einer lockeren Sprache. Doch im Berufsalltag sollte Respekt das oberste Gebot sein. Selbstverständlich wird auf der Baustelle anders gesprochen als bei einem Meeting mit dem Vorgesetzten. Beides zu beherrschen, ist die Kunst. Und Vorsicht mit dem, was man online preisgibt. Personalabteilungen schauen genau auf Instagram- und Facebook-Accounts, bevor sie einen Bewerber einladen.

Sind gute Manieren bei Tisch noch wichtig?

Unbedingt. Es wird immer auf den Anlass ankommen, wie formell das Beisammensein ist. Dass das Weinglas am Stiel angefasst wird und nicht am Kelch, bleibt aber die Regel. Und das Besteck neben dem Teller ist von außen nach innen zu benutzen.

>> Warum Knigge fälschlich für Benimm-Ratgeber steht

Adolph Freiherr Knigge (1752-1796) war ein deutscher Schriftsteller und Aufklärer. Von 1780 bis 1784 war er ein führendes Mitglied des Illuminatenordens. „Knigge“ steht heute für Benimmratgeber. Damit hat die eher soziologisch ausgerichtete Schrift, die er 1788 unter dem Titel „Vom Umgang mit Menschen“ veröffentlichte, nichts zu tun.

Er beabsichtigte damit eine Aufklärungsschrift für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen, Berufen, Charakteren, die einem auch Enttäuschungen ersparen sollte. Nach seinem Tod erweiterte der Verlag allerdings das Werk um Benimmregeln. Etwa alle zehn Jahre wurde eine neue Ausgabe herausgegeben – hauptsächlich mit Kleiderregeln.