Essen. . Das Essener Modelabel Naketano, das die Hoodies bekannt gemacht hat, kündigt das Ende für die Neujahrsnacht an. Aber war’s das wirklich?
„Wir haben fertig“ – mit dieser Formulierungs-Anleihe beim Kulttrainer Trapattoni verabschiedet sich das Kult-Modelabel Naketano von seinen Kunden. Auf der Internetseite der Essener zählt die Uhr gnadenlos im Sekundentakt herunter. Wenn in der Silvesternacht um null Uhr andernorts die Sektkorken knallen, soll Schluss sein mit den Hoodies und den sportlichen Jacken und T-Shirts, die gern auch mal provokative Namen wie „Peeeeniiiiis!“oder „Zeich ma Titten“ trugen. Oder behalten am Ende die Auguren Recht? Manche von ihnen prophezeien, dass die Naketano-Gründer Sascha Peljhan und Jozo Lonac im neuen Jahr ein ganz neues Projekt starten.
Die beiden Geschäftsführer sind abgetaucht und hüllen sich in Schweigen. Das haben sie schon immer getan. Das Aus für Naketano hatten sie vor fast einem Jahr in einem Brief an ihre Handelspartner für Ende 2018 angekündigt. Es sei „Zeit für eine Veränderung“, schrieben sie und betonten, weder die angesagte Marke noch die Essener Firma zu verkaufen.
115 Millionen Euro Umsatz
Seither wird gerätselt, warum Naketano auf dem Höhepunkt des Erfolgs von der Bildfläche verschwinden soll. Durch die junge Fangemeinde ging ein Aufschrei. Vor einigen Wochen hat das Unternehmen seine Bilanz für das Jahr 2016 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass Naketano seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr auf 115,57 Millionen Euro nahezu verdoppelt hatte. Das Ergebnis vor Steuern (Ebit) konnten die Essener sogar mehr als verdoppeln – von 15,08 auf 37,56 Millionen Euro. Den Jahresüberschuss nach Abzug von Steuern beziffert das Label auf 25,3 Millionen Euro – nach 10,16 Millionen Euro im Jahr 2015. Von der berichteten Umsatzrendite, die von 16,86 auf 21,89 Prozent stieg, kann so mancher Wettbewerber im hart umkämpften Modemarkt nur träumen.
In ihrer Bilanz schreiben die Geschäftsführer lapidar: „In den letzten fünf Jahren hat sich die Lage des Unternehmens jährlich verbessert und ist auch für 2016 als ,sehr gut‘ zu bezeichnen.“ Und warum schalten die Gründer Naketano dann ab? In der Branche herrscht Rätselraten. Mit ihrem ehemaligen Mitgründer, der vor dem Essener Landgericht wegen „arglistiger Täuschung“ Klage führte, einigten sich die Geschäftsführer im April auf einen Vergleich. Der heute 50-Jährige hatte seine Anteile 2013 verkauft. Später fühlte er sich von seinen Mitgesellschaftern beim Verkaufspreis hinter die Fichte geführt.
Der Streit ist also Geschichte. Peljhan, so heißt es, habe sich in Essen auf sein Geschäft mit Immobilien konzentriert. Was Lonac tut, ist unbekannt. Naketano wird es ja auch vorerst weitergeben. „Aufgrund der sehr hohen Nachfrage nach unseren Produkten sind wir bereits schon jetzt ausverkauft. Es wird keine weitere Ware mehr in unserem Shop verfügbar sein“, heißt es seit geraumer Zeit auf der Homepage. Restbestände der Parka, Pullover und Shirts der letzten Kollektion sind aber noch in ausgewählten Läden und Online-Shops zu haben – zum Teil im Preis rasant reduziert. Da der Verkauf also noch weitergeht, teilt Naketano mit, werde der Kundenservice mit „30 Tagen Rückgaberecht ohne Angaben von Gründen“ und kostenloser Rücksendung „wie gewohnt“ angeboten. Wie lange noch, teilt die Firma nicht mit.
Das Schweigen der Gründer
Das traditionelle Schweigen geht also weiter. Die große Fan-Gemeinde wird wohl mit großer Aufmerksamkeit verfolgen, was sich 2019 auf der Homepage von Naketano tut. Vor gut einem Jahr jedenfalls wollte der Wissenschaftler Karsten Kilian, der den Masterstudiengang Marken- und Medienmanagement an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt leitet, nicht ausschließen, dass Naketano etwa dem Beispiel der Rolling Stones folgen könnte. Die Rocker, so der Experte, kündigten alle Jahre wieder eine Abschiedstournee an.
Mehr Aufmerksamkeit geht nicht. Denn „offensives Marketing“ zur Steigerung des Bekanntheitsgrads von Naketano, betonten die jungen Gründer Peljhan und Lonac 2008 in einem ihrer seltenen Interviews, das sie dieser Zeitung gaben, wollten sie auf gar keinen Fall betreiben.