Essen. . Josef Wiederhold ist der älteste Ehrenamtliche bei der Essener Tafel und nicht der einzige im Seniorenalter. Die Alterspyramide bereitet Sorgen.

Einfach leben und immer weitermachen. So lautet das Lebensmotto von Josef Wiederhold. Auch wenn der Rücken mal zwickt, oder die Kniescheibe schmerzt, was in seinem Alter ja schon mal vorkommen kann. Nein, kleine Wehwehchen können Josef Wiederhold nicht davon abhalten für die Essener Tafel auf Tour zu gehen. Auch nicht mit 90 Jahren.

Josef Wiederhold ist damit der älteste ehrenamtliche Helfer der Tafel. Seit 20 Jahren sammelt er Lebensmittelspenden für Bedürftige ein. Am Donnerstag hat er seinen runden Geburtstag gefeiert. Tags drauf gab’s als kleine Überraschung einen Blumenstrauß und Dankesworte vom Oberbürgermeister. „Sie sind ein Vorbild für uns alle“, sagte Sozialdezernent Peter Renzel, der die besten Wünsche überbrachte.

Einmal pro Woche macht sich Josef Wiederholt (90) mit seinen Kollegen Dieter Faßbender (82) und Rudolf Söhnchen (77) im Transporter der Essener Tafel auf den Weg. Der Wagen hat sechs Jahre auf dem Blechbuckel und ist mit Abstand der Jüngste.

249 Jahre Ehrenamt rollen durch die Stadt

249 Jahre Ehrenamt rollen dann durch die Stadt, was rekordverdächtig sein dürfte. Pünktlich um 7.30 Uhr geht es los. 15 Geschäfte fahren die drei von der Tafel an, so zuverlässig wie ein Uhrwerk. Josef Wiederhold will darüber gar keine großen Worte verlieren. „Ich bin doch nur ein kleines Rädchen des großen Betriebes“, sagt der Senior, der im Berufsleben als Prokurist bei einer Wohnungsgesellschaft für Buchhaltung und Personalwesen zuständig war und auch im Ruhestand noch etwas Sinnvolles tun wollte. Über einen Kollegen vom Sport kam Wiederhold zur Tafel und blieb. Nur das Steuer des Kleintransporters überlässt er inzwischen dem acht Jahre jüngeren Dieter Faßbender, einem ehemaligen Kruppianer. Rudolf Söhnchen, der dritte im Bunde, war früher Bäcker von Beruf.

„Ohne die vielen Rädchen im Getriebe läuft der Motor nicht“, sagt Peter Renzel über das ehrenamtliche Engagement, ohne das es Einrichtungen wie die Essener Tafel gar nicht geben würde. Nur knirscht es inzwischen im Getriebe. Tafel-Chef Jörg Sartor verweist auf die Mitarbeiter-Statistik: Von den 121 ehrenamtlichen Helfern seien 30 zwischen 70 und 80 Jahre alt, sechs sogar zwischen 80 und 90 Jahren und einer über 90: Josef Wiederhold.

Jüngere Helfer bleiben erfahrungsgemäß nicht so lange dabei

Die Alterspyramide wird an der Spitze immer breiter, was Sartor mit Sorge beobachtet. Es gebe auch Jüngere unter den Helfern, ein paar Studenten etwa. Nur blieben die erfahrungsgemäß nicht so lange bei der Stange. Spätestens nach dem Examen sei häufig Schluss.

Sartor selbst ist seit 14 Jahren bei der Tafel, seit er sich als Fahrsteiger mit 49 Jahren vorzeitig in den Ruhestand verabschiedete. Dass jemand so früh Rentner wird, komme heute kaum noch vor. Im Gegenteil, die Lebensarbeitszeit wird immer länger. Und dass sich jemand auch im sehr hohen Alter noch ehrenamtlich engagiert, sei nicht die Regel. Josef Wiederhold und seinen beiden Mitstreitern zum Trotz. Der 90-Jährige, der sich in der Bergerhauser Kirchengemeinde St. Hubertus um die Krippe kümmert und sich mit Nordic Walking auf der Schillerwiese fit hält, will auf jeden Fall weitermachen. „So lange ihr noch könnt“, ruft er seinen beiden Mitfahrern mit einem Lächeln auf den Lippen zu, „bleibe ich dabei.“