Essen. . In Essen steht ein Wunschbaum für Pflegebedürftige, viele davon sind im Seniorenalter. Ihre Wünsche sind auch Ausdruck wachsender Altersarmut.

Sie sind inzwischen zu einer schönen Tradition in der Vorweihnachtszeit geworden: Wunschbäume, an die Kinder Zettel mit kleinen und großen Wünschen hängen in der Hoffnung, dass Erwachsene sie erfüllen. Auch in der Einhorn-Apotheke gegenüber der Evangelischen Marktkirche in der Essener Innenstadt steht seit Freitag ein Wunschbaum. Nur ist es ein ganz besonderer Baum. Nicht Kinder haben ihre Wünsche an den Zweigen hinterlassen, sondern Erwachsene, die auf Hilfe angewiesen sind, darunter viele Seniorinnen und Senioren. Es sind Menschen, die oft ihr ganzes Leben gearbeitet haben und die sie sich über eine kleine Aufmerksamkeit freuen würden.

Die CSE, gemeinsame Gesellschaft der Caritas und des Sozialdienstes katholischer Frauen, hatte diese außergewöhnliche Idee. Stadtweit betreibt die CSE sechs ambulante Pflegezentren. Rund 1200 Pflegebedürftige werden täglich von Mitarbeitern zuhause aufgesucht und betreut.

Bei vielen ist das Geld so knapp, dass es für alltägliche Dinge nicht mehr reicht

„Der größte Wunsch der Menschen ist es, so lange wie möglich in den vertrauten, eigenen vier Wänden leben zu können“, berichtet Tanja Rutkowski, Fachbereichsleiterin für Gesundheit und Pflege. Ihre Kollegen im Pflegedienst berichteten aber auch, dass bei vielen das Geld sehr knapp sei. So knapp, dass sie sich mit ihrer kleinen Rente ganz alltägliche Dinge gar nicht leisten könnten.

So wünscht sich Anneliese (83) eine Topfblume, Manfred (88) eine Mütze und Marianne (82) einen Friseurbesuch. Andere würden sich über Duschgel freuen, über einen Einkaufsgutschein beim Discounter oder wie Elvira (90) über eine Kerze mit LED-Beleuchtung. So steht es auf den Wunschzetteln zu lesen, die den Wunschbaum in der Einhorn-Apotheke schmücken. 118 Wünsche sind dort zusammen gekommen.

„Wir haben gefragt, wer mitmachen möchte“, berichtet Tanja Rutkowski. Nicht jeder wollte. Mancher hat sich vielleicht auch geschämt. Ist der Wunschbaum doch Ausdruck für eine wachsende Armut im Alter, weiß Tanja Rutkowski.

Gewerkschaft warnt vor wachsender Altersarmut

Die Zahlen sprechen für sich: Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ist das Rentenniveau in Essen trotz Rentenerhöhungen rückläufig. Im Jahr 2003 bekam ein Mann im Schnitt rund 1035 Euro Rente, 2013 waren es noch 990 Euro. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten wies erst jüngst auf eine Analyse des Pestel-Instituts hin, wonach das Risiko der Altersarmut in Essen größer sei als bislang angenommen. 39 Prozent der Beschäftigten seien diesem Risiko ausgesetzt.

Apothekerin Birte Barleben musste nicht lange überlegen, als sie gefragt wurde, ob sie einen Wunschbaum in ihrer Apotheke aufstellen würde: „Wir werden alle einmal alt.“ Und wer freut sich nicht darüber, dass man an ihn denkt?

Info:

  • Der Wunschbaum steht in der Einhorn-Apotheke, Markt 5. Wer Pflegebedürftigen einen Wunsch erfüllen möchte, pflückt einen Wunschzettel vom Baum.
  • Das Geschenk im Wert von maximal 20 Euro einpacken (aber nicht fest verschließen) und bis zum 20. Dezember zurück in die Apotheke bringen.