Essen. Beim Umgang mit sexuellem Missbrauch durch Priester setzt das Bistum Essen auf Transparenz: 41 Akten über mögliche Fälle gehen an die Behörden.
Das Bistum Essen wird der Staatsanwaltschaft 41 Akten über mögliche Missbrauchsfälle durch Geistliche zur Verfügung stellen. In den betreffenden Fällen müsse man davon ausgehen, dass es sich bei den Beschuldigten tatsächlich um Täter handle, bestätigte Bistumssprecher Ulrich Lota einen Bericht des „Neuen Ruhrworts“ gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur kna. Vergangene Woche habe man sich mit der Staatsanwaltschaft darauf verständigt, dass diese die Akten offiziell anfordern werden. Das Bistum habe dieses Gespräch von sich aus gesucht; mit der Ermittlungsbehörde bestehe seit Jahren ein guter Kontakt, erklärt Lota weiter.
Bistum Essen gilt als besonders aufklärungswillig, was Missbrauch anbelangt
Das Bistum Essen gilt als besonders aufklärungswillig, was Fälle von Missbrauch anbelangt, was nicht jede Diözese von sich sagen kann. Vielfach neigen Bischöfe dazu, Erkenntnisse über Missbrauchsfälle nicht an die weltlichen Behörden zu übergeben. Bischof Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer hatten mehrfach betont, dass sie dieses Vorgehen für falsch halten und ihr Entsetzen über die Vorfälle ausgedrückt. Die Strafverfolgungsbehörden seien einzuschalten.
„Wir rechnen mit den Unterlagen in den nächsten Tagen“, so Oberstaatsanwältin Anette Milk, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Essen. Da die Bistumsgrenzen und der Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Essen nicht deckungsgleich seien, sei es möglich, dass die Ermittler Akten nach einer ersten Sichtung an benachbarte Behörden abgeben.
Seit seiner Gründung hat das Bistum Essen 85 Fälle von sexuellem Missbrauch verzeichnet
Das Bistum Essen hat seit seiner Gründung 1958 85 Opfer von sexuellen Übergriffen und 60 beschuldigte Geistliche verzeichnet. 19 Priester sind verurteilt worden: sieben von ihnen straf- und kirchenrechtlich, vier nur strafrechtlich und acht nur kirchenrechtlich. Für die anderen 41 Priester gebe es ernstzunehmende Hinweise auf Missbrauchstaten, so der Bistumssprecher.
Bereits die bischöfliche Verfahrensordnung zum Umgang mit Hinweisen auf sexuellen Missbrauch durch Geistliche sei mit Staatsanwaltschaft, Landgericht und Polizei abgestimmt worden, so Lota. Das Gespräch hat unabhängig von den angekündigten Anzeigen von Strafrechtlern stattgefunden. Ende Oktober hatte der „Spiegel“ berichtet, eine Gruppe von Strafrechtsprofessoren um den Passauer Holm Putzke habe Anzeige gegen unbekannt erstattet und sie bei Staatsanwaltschaften im Bezirk jedes Bistums eingereicht. Den Eingang einer solchen Anzeige könne sie für Essen bislang nicht bestätigen, so Milk.