Essen. . Der Flaneur wird zum Betrachter des Wandels: Mit „Paris Noir“ zeigt Wolfgang Kleber neue Bilder der Metropole jenseits der Hochglanz-Fotografie.

Wenn es eine Stadt der ewigen Liebe gibt, dann ist es natürlich Paris. Der Essener Fotograf Wolfgang Kleber ist der Stadt seit Jahrzehnten verfallen. Schon vor 50 Jahren hat er die Schönheit an der Seine mit seiner Kamera umkreist, ist immer wieder dorthin gefahren. Und wie es mit der großen Liebe nun mal ist, verändert sich der Blick im Laufe der Zeit. So wird aus der glutvollen Bewunderung ein tieferes Interesse an den Eigenheiten, den unbekannteren Winkeln und versteckten Reizen. Wolfgang Kleber hat bei der Suche nach dem Unbekannten und Neuen wieder auf eine alte Fototechnik zurückgegriffen und mit der Camera Obscura eine Stadt voller Kontraste entdeckt. Die Schwarzweiß-Aufnahmen sind dabei eine ganz bewusste Abkehr von der üblichen Hochglanz-Fotografie der Seine-Metropole. „Paris Noir“ heißt das Ergebnis und ist im Deutsch-Französischen Kulturzentrum zu sehen.

Mit dem Bus in die Banlieues

Aus dem Flaneur ist ein Beobachter geworden, der diesmal im Norden der Stadt wohnt und sieht, was jenseits der prunkvollen Plätze, abseits von Champs-Élysées und Eiffelturm auch zum Gesicht dieser Stadt gehört. Die Drogendealer vor seinem Hotelfenster sind da ebenso Alltag wie das teils konfrontative Aufeinandertreffen der vielen unterschiedlichen Nationen, das Entsetzen, das sich nach den Anschlägen vom 13. November breit macht und die stille Hoffnungslosigkeit, die die Rücken der jungen Leute schon früh gebeugt hat, welche Kleber am Einkaufszentrum auf dem Grande Arche de La Défense entdeckt.

Manchmal muss es schnell gehen, dann hat der Essener Fotograf die Digitalkamera zur Hand. Manchmal aber nimmt er auch eine Belichtungszeit von vielen Stunden in Kauf, wenn er mit seiner Lochkamera unterwegs ist und direkt auf Fotopapier belichtet – den Louvre, die Opéra, den Grand Palais in magischem Licht und malerischer Unschärfe. „Man ist wieder mehr Gestalter“, sagt der 70-Jährige, der sich weit vorwagt auf seiner Reise in ein noch weniger bekanntes Paris. Einmal fährt er mit dem Bus bis in die Banlieues, in die graue Vorstadt Sarcelles, und spürt doch schnell, dass auch Entdeckertum Grenzen hat.

Kleber will sehen und verstehen, aber er will keine Übergriffigkeit, keine Indiskretion. Für den Leiter es Deutsch-Französischen Kulturzentrums David Babin haben Klebers Bilder genau die richtige Distanz: „Nicht zu nah, nicht zu fern.“ Dabei spüre man die Bereitschaft der Menschen, den kurzen Moment der Wahrheit mit Kleber zu teilen. Eine zarte Annäherung vor der Kamera inmitten der Stadt der Liebe.

Informationen zur Ausstellung

Die Ausstellung „Paris Noir – Fotografien von Wolfgang Kleber“ ist bis zum 18. Januar 2019 im Deutsch-Französischen Kulturzentrum, Brigittastr. 34 zu sehen.

Wolfgang Kleber war viele Jahre lang weltweit für Hochtief mit der Kamera unterwegs und hat zuletzt an Architekturbüchern über Essen („Stadt im Wandel“) mitgewirkt.