Essen-Kray. . Der Verein Plan B bietet in Kray seit einem Jahr eine Wohngruppe für Jugendliche und Beratung für Flüchtlinge an. Zahl der Ratsuchenden steigt.

Bei seiner Flucht aus Syrien war Orfan Orfali (53) auf sich allein gestellt. Sein Weg führte ihn durch Länder wie die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Ungarn nach Deutschland; er floh im Boot über das Meer und später im Transporter. „Ich habe mehr gesehen, als im Fernsehen gezeigt wird“, deutet der 53-Jährige erlebte Gefahren und Methoden der Schlepper nur an und blickt nach vorn. Dabei bekommt er nun Hilfe beim Verein Plan B, der Anlaufstelle in Kray. Seit einem Jahr gibt es hier Unterstützung im Alltag, bei der Wohnungs- oder Arbeitsplatzsuche und bei Anträgen.

Die Zahl der Hilfesuchenden in der Beratungsstelle (die zuvor in Huttrop gewesen ist) ist in den Jahren von 2015 bis 2017 von 85 auf 276 gestiegen. Die klassischen Themen bleiben Sprachkurse, Schwierigkeiten im Jobcenter, die Hürden der Bürokratie und vor allem auch der Familiennachzug, zählt Bilge Kuş auf. Die Diplom-Sozialpädagogin ist Migrationsberaterin für erwachsene Zuwanderer.

Für Jugendliche gibt es eine Wohngruppe

Gleichzeitig leben im Haus an der Krayer Straße Jugendliche in einer Wohngruppe. Unter den Jugendlichen, um die sich der Verein kümmert, waren zunächst vor allem unbegleitete Flüchtlinge. Inzwischen nehme die Zahl der deutschen Jugendlichen zu. Für Kinder wiederum bieten die Mitarbeiter etwa in Grundschulen Antigewalttraining an.

Die Erwachsenen berät Bilge Kuş bei Asylverfahren und der Anerkennung von Schul- und Berufsabschlüssen. Auf genau diese wartet Orfan Orfali seit geraumer Zeit und bemüht sich, diese sinnvoll zu nutzen. Er hat Sprachkurse abgeschlossen, das letzte Ergebnis steht aus. Beim Sprachunterricht in der Gemeinde hat er deutsche Freunde kennengelernt, die er regelmäßig besucht. „Ich engagiere mich auch beim syrischen Kultur- und Integrationsverein“, sagt der 53-Jährige, der als Maschinenbau-Ingenieur in seiner Heimat, aber auch in Südafrika, Frankreich, Deutschland und der Türkei für den Schienenbau verantwortlich gewesen sei. Erste Bewerbungen bei der Bahn blieben bislang erfolglos, nun hofft er auf eine Chance, wenn sein Studium anerkannt wird – und weiß Bilge Kuş an seiner Seite. „Es wird auch darum gehen, berufliche Alternativen zu suchen“, sagt die Beraterin aus Erfahrung. Mit ihrer Hilfe fasst der 53-Jährige Schritt für Schritt weiter Fuß, sieht in Essen seine Zukunft, glaubt nicht an ein rasches Ende des Krieges in seiner Heimat.

In Aleppo haben Bomben sein Zuhause zerstört

In Aleppo haben die Bomben das Zuhause der Familie zerstört. In Essen haben Orfan Orfali und seine Frau und ihr Sohn (25) eine eigene Wohnung bezogen. Zurückgeblieben in Syrien ist ihre Tochter (23), mit der sie täglich über Whatsapp Kontakt halten. Sie wohnt bei der Großmutter und dem Onkel, während ihr Vater in großer Sorge um sie lebt. Denn bei seinem größten Wunsch hat ihm bislang niemand helfen können: „Ich hoffe sehr, dass sie bald zu uns kommt.“

>>BERATUNG, RÜCKKEHRHILFE UND FAMILIENFRÜHSTÜCK

Plan B ist seit 2011 ein gemeinnütziger Verein mit dem Schwerpunkten interkulturelle Kinder- und Jugendarbeit, der u.a. Migrationsberatung, Zusammenarbeit mit Kitas und Schulen sowie fünf Wohngruppen in Essen und Bochum anbietet.

Am Standort in Kray, Krayer Straße 208, befindet sich die Stelle für regionale Flüchtlingsberatung sowie der Fachdienst für freiwillige Rückkehr und Re-Integration.

Ein Familienfrühstück findet an jedem ersten Donnerstag, 11 bis 13 Uhr, und jeden dritten Donnerstag, 13 bis 15 Uhr, statt, bei dem es etwa um Fragen der Kindererziehung oder um das Gesundheitssystem geht.

Info: www.plan-ruhr.de, Kontakt auch über die App: mbeon