Essen. . Vor allem hohe Gebühren und Geschäftsgebaren der Inkasso-Firmen sorgen für Kritik. Verbraucherzentrale klärt Betroffene über ihre Rechte auf.
Das Bild schwarz gekleideter, muskelbepackter Geldeintreiber gehört zwar eher der Vergangenheit an. Aber das Inkasso-Wesen blüht mehr denn je, so die Erfahrungen der Verbraucherzentrale Essen. „Unternehmen schalten immer schneller ein Inkasso-Büro ein, wenn sie Schulden ihrer Kunden eintreiben wollen“, sagt Schuldner- und Insolvenzberater Volker Naujok. Selbst Städte wie Essen setzen seit einiger Zeit auf die privaten Schuldendienste.
Für die Betroffenen bedeutet das häufig, dass sie neben ihren Schulden auch hohe Inkasso-Gebühren zahlen sollen. Dreistellige Beträge sind da keine Seltenheit, selbst wenn die eigentlichen Schulden niedriger sind.
Naujok warnt in solchen Fällen: Die Gebühren dürfen nicht überzogen sein. Die Verbraucherzentralen bundesweit fordern längst eine stärkere Regulierung dieser Finanzdienstleister, deren Gebührenordnung nicht gesetzlich geregelt ist und die sich dann meist an der Gebührentabelle von Rechtsanwälten orientieren. Bei der Verbraucherzentrale in Essen dreht sich mittlerweile jede vierte Rechtsberatung um das Thema Inkasso.
Häufig aggressives Geschäftsgebaren
Nicht nur hohe Gebühren spielen dabei eine Rolle, sondern auch das häufig aggressive Auftreten der Inkasso-Büros, wie Verbraucherberater Ingo Döring betont. Sie drohten vielfach mit Gerichtsvollzieher, Schufa-Eintrag und sogar Haftbefehlen. Viele solcher Drohung könne ein Inkasso-Unternehmen gar nicht einfach umsetzen. Er rät daher: „Nicht einschüchtern lassen.“
Um die Verbraucher in Essen vor zu hohen Gebühren zu warnen und über ihre Rechte aufzuklären, veranstaltet die Verbraucherzentrale in den kommenden Tagen ihre alljährliche Schulden-Kampagne. Diesmal geht es vor allem darum, Betroffenen Mut zu machen, sich gegen hohe Inkasso-Gebühren zu wehren und sich vorab Hilfe zu holen: Naujoks Erfahrung nämlich ist: „Wenn wir uns einschalten, erreichen wir häufig ein Einlenken und Kompromisse.“ Viele Betroffene hätten allerdings „Scheu, dagegen vorzugehen, weil sie sich dann outen müssten“. Auch diese Angst will die Verbraucherzentrale den Schuldnern nehmen.
Inkasso-Firmen zeigen wenig Einlenken
Markus K.* aus Essen hat sich Hilfe bei Naujok geholt. Schulden und Inkasso-Gebühren sind dem 28-Jährigen über den Kopf gewachsen. „Ich wusste nicht mehr, wie ich da rauskommen sollte“, erzählt er. Er möchte anonym bleiben. Markus K. hatte 2500 bis 3000 Euro Schulden bei Möbelhäusern angehäuft. Nach dem Tod seines Vaters und einer Krebserkrankung seiner Schwester „hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen“. Er verlor seine Arbeit, konnte die Kreditraten nicht mehr zahlen und öffnete fast zwei Jahre keine Briefe mehr. Auch als sich Inkasso-Büros bei ihm „meist am Abend“ telefonisch meldeten, ging er schon bald nicht mehr ans Telefon.
Mittlerweile haben sich seine Schulden inklusive Inkasso-Gebühren nahezu verdoppelt. Als sich Markus K. seinen Schulden dank seiner Mutter stellte, „wusste ich nicht, wie ich mit den Inkasso-Unternehmen verhandeln sollte. Sie zeigten keinerlei Entgegenkommen. Die Mindestraten, die mir angeboten wurden, konnte ich nicht zahlen. Über kleinere Beträge ließen sie nicht mit sich reden“, erzählt er. In seinem Fall wird nur noch eine Verbraucherinsolvenz helfen können, aus der Schuldenfalle zu kommen. *Name geändert.
Telefon-Hotline der Verbraucherzentrale
Die Verbraucherzentrale schaltet im Rahmen ihrer Aktion „Vorsicht Inkasso!“ am Mittwoch, 17. Oktober, von 17 bis 19 Uhr eine Hotline. Die Rufnummer lautet: 0201 64 95 74 03.
Generell sollten Betroffene, die ein Schreiben eines Inkasso-Büros bekommen, zunächst immer prüfen, ob die Forderung überhaupt berechtigt ist. Zahlungen eintreiben dürfen zudem nur Unternehmen, die auf der Internetseite www.rechtsdienstleistungsregister.de registriert sind.
Wer Ratenzahlungen mit Inkasso-Büros vereinbart, sollte sich auf keine zusätzlichen Klauseln einlassen. Auch sollte nicht die Gesamtforderung mit sämtlichen Kosten akzeptiert werden, sondern allenfalls die Ursprungsforderung rät die Verbraucherzentrale.