Essen. . Neun von zehn Deutschen leiden irgendwann an Rückenschmerzen. Darüber sprechen Experten der Uniklinik Essen beim WAZ-Medizinforum am 5. November.
Für viele Menschen ist es ein Kreuz mit diesem Rücken. So wie bei Gerhard Tschauder. Der 79-Jährige ist ein lebenslustiger Rentner. Er kocht gerne, interessiert sich für Fußball, hat Jahrzehnte lang Tischtennis gespielt – bis die Rückenschmerzen irgendwann so dominant waren, dass er sich immer weniger bewegte. Mehr noch: Er flüchtete sich in Schonhaltungen. Ein erheblicher Verlust an Lebensqualität. So konnte es nicht weitergehen.
Und so ging es auch nicht weiter. Heute sprudelt aus jedem Satz des 79-Jährigen Lebensfreude. Doch bis er sich in seinem Körper wieder richtig wohl fühlte, war es ein weiter Weg. Medikamente schlugen nicht an, eine klinische Studie brach er ab, „ich konnte kaum noch aus dem Liegen wieder hochkommen“. Erst ein Aufenthalt im Rückenschmerz-Zentrum des Universitätsklinikums brachte die ersehnte Hilfe. „Das Zusammenspiel zwischen den Ärzten und unserer Patientengruppe war toll“, sagt Gerhard Tschauder.
90 Prozent der Menschen haben irgendwann einmal Rückenschmerzen
Prof. Ulrike Bingel leitet das Rückenschmerz-Zentrum und gehört zu den Experten beim WAZ-Medizinforum am Montag, 5. November 2018, in der Uniklinik. Sie sagt: „Zu den Besonderheiten unseres Zentrums zählt, dass hier verschiedene Fachrichtungen zusammenarbeiten.“ Vormittags Training im Geräteraum, nachmittags Training ohne Geräte, dazwischen Gesprächskreise und der Austausch mit anderen Rückenschmerz-Patienten. Bei seinem intensiven Programm, das Gerhard Tschauder hier 14 Tage lang mitgemacht hat, arbeitete er mit Ärzten, Physiotherapeuten und Psychologen zusammen. „Körperliche Schmerzen und die Psyche stehen oft in enger Verbindung. Viele Patienten ahnen das gar nicht“, sagt Ulrike Bingel.
Rückenschmerzen – eine Volkskrankheit. 90 Prozent der Menschen in Ländern wie Deutschland bekommen mindestens ein Mal in ihrem Leben damit zu tun. Bei mehr als jedem zehnten Betroffenen werden die Schmerzen sogar chronisch – und verursachen im Gesundheitssystem hohe Kosten. Reha-Maßnahmen, Arbeitsunfähigkeit, in einigen Fällen sogar die Frührente können die Folge sein.
Schmerzen haben verschiedene Ursachen
Zu den Ursachen für die Schmerzen sagt Ulrike Bingel: „Da kann vieles eine Rolle spielen. Bewegungsmangel, eine zu schwache Bauch- und Rückenmuskulatur oder Bandscheibenvorfälle beispielsweise. Genetische, körperliche und psychische Dinge können Rückenschmerzen auslösen.“ Gerade die psychischen Ursachen wie Stress und Unzufriedenheit am Arbeitsplatz würden oft unterschätzt.
Der 79-jährige Patient Gerhard Tschauder hatte unter anderem das lange, intensive Tischtennisspielen in Verdacht. Vorsichtshalber hat er damit aufgehört. Doch die Ärztin hat ihm geraten, wieder anzufangen. „Aus Angst vor Schmerzen vermeiden viele Patienten Bewegung. Aber oft ist das der falsche Weg“, sagt sie. Auch das sei Teil der Therapie im Rückenschmerz-Zentrum. Wieder Vertrauen in den Körper zu gewinnen, sich aus einer Schonhaltung zu lösen. Die Behandlung geht so weit, dass die Patienten ihren Tennisschläger mit in die Klinik bringen oder unter Begleitung von Therapeuten nach langer Pause wieder auf das einst so geliebte Fahrrad steigen.
Gerhard Tschauder hat einen ganz neuen Sport für sich entdeckt: Gymnastik. Während seines stationären Aufenthalts in der Uniklinik hat er festgestellt, dass ihm Übungen auf der Matte und mit der Faszienrolle gut tun. Denn auch dieses ist ganz wichtig, will man die Rückenschmerzen dauerhaft besiegen: „Man muss dran bleiben. Ohne das anschließende Training zu Hause ist die ganze Therapie für die Katz“, sagt die Ärztin.
WAZ-Medizinforum am 5. November in der Uniklinik
Das WAZ-Medizinforum mit Experten des Uniklinikums beschäftigt sich am Montag, 5. November 2018, mit Rückenschmerzen. Der Abend steht unter dem Titel „Das Kreuz mit dem Kreuz: Volkskrankheit Rückenschmerz“. Von 18 bis 19.30 Uhr sprechen drei Ärzte und ein Physiotherapeut mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Melden Sie sich unter Tel.: 0201/ 804 8058 an (mo-fr von 6 bis 18 Uhr, sa von 6 bis 14 Uhr). Die Teilnahme ist kostenfrei, die Anzahl der Plätze begrenzt.
Auf dem Podium sitzen die Professoren Ulrich Sure, Direktor der Klinik für Neurochirurgie, Ulrike Bingel, Leiterin des Rückenschmerz-Zentrums, und Christoph Kleinschnitz, Klinik für Neurologie, sowie der Leitende Physiotherapeut Martin Schulze. Nach ihren Vorträgen gibt es die Möglichkeit, Fragen loszuwerden. Das WAZ-Medizinforum findet im Deichmann-Auditorium im Lern- und Lehrzentrum der Uniklinik statt, Virchowstraße 163a.