Essen. . Ausgerechnet ins Gericht kam ein 22-Jähriger mit einer Schusswaffe in der Jacke. Jetzt muss er 900 Euro Geldstrafe zahlen.
Harmlos wirkt der 22-Jährige, keinesfalls gefährlich. Doch am 25. April kam der Rüttenscheider mit einer geladenen Gaspistole ins Essener Land- und Amtsgericht an der Zweigertstraße. An der Sicherheitsschleuse fiel er prompt auf. Jetzt muss er eine Geldstrafe in Höhe von 900 Euro (90 Tagessätze zu 10 Euro) bezahlen. Eine vorsätzliche Tat unterstellte Amtsrichterin Eva Proske ihm im Urteil nicht. Auch sie ging davon aus, dass er die Walther-Pistole in seiner Jacke schlicht vergessen hatte.
Die Richterin wunderte sich: „Sie sind doch kein alter Opa, der immer vergisst, wo er seine Brille liegen hat. Und Alzheimer können wir bei Ihrem Alter auch vergessen. Wie konnte das dann passieren?“
Angeklagter: „Das war ein dummer Fehler“
Der Fachabiturient, der eine Ausbildung im IT-Bereich absolviert und später einmal studieren will, erklärt es ihr, wenn auch etwas kleinlaut: „Das war ein dummer Fehler, ich möchte mich auch entschuldigen.“ Aber es sei wirklich so gewesen, dass er an die Waffe gar nicht mehr gedacht habe.
Er habe an dem Tag im April noch geschlafen, da habe ihn ein Freund angerufen. Ob er nicht mit zu einem Strafprozess wolle, bei dem sich ein Freund von ihnen verantworten müsse. Und dann sei alles schnell gegangen. Spontan habe er seine im Frühling eigentlich schon abgelegte Winterjacke ergriffen. In der Innentasche habe die Waffe gesteckt, um sie vor seiner Mutter zu verbergen.
An die Waffe gar nicht gedacht
Vor der Sicherheitsschleuse habe er die Jacke ausgezogen und in den Scanner gelegt. „Ich habe sogar noch meine Hose abgetastet, ob ich etwas Metallisches vergessen hatte“, erklärt er weiter. Und die Waffe mit ihren acht Patronen? An die will er keinen Gedanken verschwendet haben. Das nehmen ihm die Prozessbeteiligten angesichts der unübersehbaren Sicherheitsschleuse auch ab.
Auch seine Bewährungshelferin glaubt, dass er manchmal sehr zerstreut sei, weil er viel denke. Warum er überhaupt eine Waffe gekauft habe, will die Richterin wissen. „Für Silvester“, sagt er, „ich wollte damit Pyrotechnik abfeuern.“
Richterin spricht „aufregenden Vergangenheit“ an
Besitzen darf man solch eine Waffe, aber ohne den entsprechenden Waffenschein eben nicht außerhalb seines Hauses mit sich führen. Dennoch wäre das Verfahren vermutlich eingestellt worden, wäre da nicht die laut Richterin Proske „aufregende Vergangenheit“ des jungen Mannes. Mehrfach ist er früher wegen Gewaltdelikten verurteilt worden; zuletzt auch noch wegen einer Hehlerei, weil er ein geklautes Handy gekauft hatte. Unter Bewährung stand er, als er mit der Waffe ins Gericht marschierte.
Da sei er 14 bis 18 gewesen, entschuldigt der 22-Jährige die meisten Vorstrafen als Jugendsünde. Er sei im Hörster Feld aufgewachsen mit den falschen Freunden. Mittlerweile wohne er in Rüttenscheid und habe den alten Freundeskreis aufgegeben. Sein Verteidiger Seyhan Okcu sah sich schon veranlasst, in dem 22-Jährigen „eigentlich einen Musterknaben“ zu sehen. Und auch Richterin Proske sprach im Urteil von einem „Augenblicksversagen“.