Essen. . Das Zechenfest auf Zollverein in Essen war auch 2018 das „Oktoberfest des Nordens“. Zehntausende Besucher lockte das Spektakel an.

Es ist eine hinreißende Show, die die Zollverein-Besucher am frühen Samstagabend zu Tränen rührt. Der Weltklasse-Akrobat Dergin Tokmak alias Stix erhebt sich aus seinem Rollstuhl und lässt die Besucher für einen Moment den Atem stocken. Denn jetzt legt der an Kinderlähmung erkrankte Tänzer auf der großen Bühne am Fuße des imposanten Stahlgerüstes von Schacht XII ein spektakuläres Kunststück hin: einen Handstand auf Krücken – überraschender Auftakt des 29. Großen Zechenfestes auf dem Welterbe-Gelände.

Ein Spektakel, das drei Jahre nach der Schließung der letzten Essener Zeche sehr bescheiden angefangen hatte: mit einer kleinen Bühnen, einem Bierwagen und ein paar Besuchern.

Fünf Bühnen mit Programm

Jetzt flanieren an zwei Tagen mehrere Zehntausend über das Welterbe-Gelände: zwischen Ruhrmuseum und Schacht XII, zwischen dem Design-Museum und Halle 2. Dazwischen fünf Bühnen mit einem attraktiven Programm.

Es gibt Bratwurst und Pommes, Raclette und Flammkuchen – und seit jeher das berühmte Café der Katernberger DJK-Frauen. Und natürlich Kunst satt. Das „Schmiedefeuer“ ist an beiden Tagen eine Mitmachaktion am Kunstschacht. Im Rundeindicker führt Fotograf Bernd Langmack persönlich durch seine Ausstellung „Was von der Zeche bleibt. Bilder nach der Kohle“. Eine Hommage an den deutschen Bergbau, der mit Schließung der letzten Zeche Prosper Haniel in Bottrop bald Geschichte sein wird.

„Das Zechenfest ist eine Einladung an den Stadtteil“, betont Bernward Schilke vom Veranstaltungsmanagement der Stiftung. Obwohl etabliertes Touristenmagnet, fremdeln immer noch viele Menschen in den umliegenden Stadtteilen Stoppenberg und Katernberg mit dem Welterbe. Sie sehen in Zollverein einen Ort der Hochkultur, deshalb will das Zechenfest gezielt Berührungsängste abbauen.

Gäste kommen aus ganz NRW

Damit auch weniger begüterte Familien mitfeiern können, hat Anne Rauhut, Vorsitzende der Gesellschaft „Freunde Zollverein“, Gutscheine im Wert von insgesamt tausend Euro im Quartier verteilen lassen. „Die Menschen im Stadtteil für den Veranstaltungsort Zollverein zu begeistern, ist uns eine Herzensangelegenheit“, fügt ihr Mitstreiter Thomas Stauder, der Brauereiunternehmer, hinzu. Und Anne Rauhut betont: „Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen brennen für den Standort, viele bringen persönliche Erinnerungen mit, etwa weil der Papa Bergmann auf dem Pütt war.“

Eine Neuerung, die auf Anhieb sehr gut angenommen wurde, ist die Schlagerbühne auf dem alten Gleisboulevard. Noch ehe das Feuerwerk gezündet wird, geht hier die Post ab. Ob Joel Gutje oder Marco Kloss, Mike Bauhaus oder Nico Gemba – auf und vor der Forumbühne wird eine Riesenparty gefeiert.

Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Stiftung, bringt es auf den Punkt: „Das Zechenfest ist quasi das Oktoberfest des Essener Nordens und für viele die Gelegenheit, dort zu feiern, wo Väter, Großväter und Urgroßväter einst malocht haben.“