Essen. . Tim Koch aus Essen plant ein Currywurst-Museum in seiner Heimat und will belegen, dass die Currywurst im Ruhrgebiet erfunden wurde.
Ist das die tief im Westen so sehnlich erhoffte Wende im Currywurst-Konflikt? Es scheint nicht ausgeschlossen, dass Essen in einem Duell zwischen Hamburg und Berlin als lachender Dritter vorbeizieht, wenn es darum geht, wer denn nun Erfinder und wahre Heimat des Kult-Gerichts ist. Denn während hier einiges für den Artenschutz des Imbissbuden-Klassikers getan wird, gibt es in Berlin ein Würstchen-Dilemma: Das dortige Currywurst-Museum schließt zum Jahresende. Ein Bekenntnis zur Wurst sieht anders aus. Das bringt den Essener Tim Koch auf die Idee.
Das Berliner Currywurst-Museum gibt auf
Er möchte die Currywurst-Geschichtsbücher endlich korrigieren und der Wurst eine neue, ihre wahre Heimat nämlich, schenken. „Wir sammeln Beweise dafür, dass die Currywurst weder in Hamburg noch in Berlin erfunden wurde. Sondern im Ruhrgebiet.“ Dafür befragt er ältere Ruhrgebietsmenschen, die sich daran erinnern, dass sie schon vor 1949 Currywurst gegessen haben. 1949 gilt derzeit oft als Geburtsjahr der kleingeschnippelten und mit Pulver und Soße fein gemachten Würstchen.
Es hält sich die Behauptung, dass die Berliner Gastronomin Herta Heuwer in jenem Sommer das erste Rezept erschaffen hat. Damit würde die Currywurst im kommenden Jahr ihren 70. Geburtstag feiern, – und ausgerechnet vor diesem wichtigen Termin macht das Currywurst-Museum in Berlin dicht. Ist es getrieben von der Angst, dass nun auffliegen könnte, dass das Ruhrgebiet einen Schritt schneller war? Dass zwischen Dortmund und Essen längst Currywurst genossen wurde, als Berlin noch darüber rätselte, wie viele Enden eigentlich eine ganze Wurst hat? (Zwei.)
Ein Currywurst-Skelett im Norden?
Und dann mischen noch die Hamburger in dieser Gemengelage mit und behaupten ihrerseits, die Currywurst im Jahre 1947 auf den Markt gebracht zu haben. Doch womöglich haben sie da einfach etwas mit der Erfindung des Krabbenbrötchens durcheinander gebracht. . .
Wie auch immer. Tim Koch möchte einspringen und ein Currywurst-Museum in Essen eröffnen. „Gerne an einem Ort mit Kultur wie der Zeche Zollverein“, sagt der 47-Jährige. Er stellt sich ein Pop-up-Museum vor, also ein Museum auf Zeit, und sucht nun Unterstützer. Aber er plant noch viel mehr, damit das Ruhrgebiet in seiner Bescheidenheit nicht tatenlos zusieht, wie sich Berlin und Hamburg um die Currywurst-Geburt balgen.
Ein Museum, so hofft der Essener, könnte bei der Verwirklichung eines weiteren wurstigen Plans dienlich sein: Koch kämpft für touristische Autobahn-Hinweise mit dem Titel „Ruhrgebiet – Heimat der Currywurst“. „Am liebsten an der A 40“, sagt er. Erste Schritte sind gemacht: Eine Anfrage bei der Stadt Essen. Die Verwaltung sei recht angetan. Derzeit liege sein Antrag bei der Bezirksregierung Düsseldorf.
Vielleicht findet der Currywurst-Historiker eines Tages auch Beweise für das Gerücht, dass im Essener Norden ein Currywurst-Skelett entdeckt worden sein soll. „Damit könnten wir endgültig belegen, dass es hier die erste Currywurst gab.“
Leiter der Currywurst-Kette Bobby & Fritz
Seine erste Currywurst hat Tim Koch in den 70er-Jahren zu Hause von seiner Mutter serviert bekommen. „Mit selbst gemachter Soße und selbst gemachten Pommes.“ Heute leitet Koch gemeinsam mit zwei Geschäftspartnern eine eigene, deutschlandweit aktive Currywurst-Kette mit dem Namen „Bobby & Fritz“, die auch zwei Niederlassungen in Essen hat.
In den nächsten Monaten wird Tim Koch das „Currywurst-Lexikon“ herausgeben. 15 Jahre lang hat er dafür alles Wissenswerte und Kuriose rund um die Wurst gesammelt. Illustriert wird das Buch mit Zeichnungen des Esseners Helge Jepsen.