Essen. . Nach der Verhaftung eines Transplantationsmediziners laufen die Operationen am Uniklinikum wie geplant weiter. Es gibt keine Berufsverbote.

Die Verhaftung eines Transplantationsmediziners hat an der Uniklinik zu Unruhe und vermehrten Nachfragen von Patienten geführt. Die betroffene Abteilung setzt ihre Arbeit aber fort, angesetzte Operationen werden durchgeführt.

Wie berichtet, wirft die Essener Staatsanwaltschaft dem Direktor der Klinik für Allgemeinchirurgie, Viszeral- und Transplantationschirurgie „nicht erforderliche Lebertransplantationen“ zwischen 2012 und 2015 vor; dabei sei ein Patient verstorben. Der 61-Jährige Mediziner steht daher unter dem Verdacht des Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung. Die Ermittlungen laufen weiter und richten sich auch gegen Ärztekollegen aus der Transplantationschirurgie.

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Bisher sei aber weder gegen den Beschuldigten noch gegen einen der anderen Mediziner ein Berufsverbot ausgesprochen worden. „In den weiteren Fällen stehen wir erst am Anfang der Ermittlungen, und um ein Berufsverbot zu beantragen brauchen wir mehr Grundlagen als einen Anfangsverdacht“, erklärt Oberstaatsanwältin Anette Milk.

Die betroffene Klinik wird vom Stellvertreter geleitet

Zu dem 61-Jährigen hatte Milk am Dienstag mitgeteilt, es gebe „die ernstliche Befürchtung“, er könne „weitere Taten ähnlicher Art begehen“. Da er in Untersuchungshaft sitze, sei jedoch auch für ihn derzeit kein Berufsverbot erforderlich. Es könnte aber Bestandteil einer möglichen Verurteilung sein.

Die Klinik für Transplantationschirurgie wird derzeit vom stellvertretenden Direktor, Prof. Jürgen Treckmann, geleitet. Wie es heißt, seien einzelne OP-Absagen nicht auszuschließen, das Gros der Eingriffe finde aber statt. In der Klinik arbeiten 40 Ärzte, so dass der Operationsbetrieb durch den Ausfall ihres Leiters nicht lahmgelegt wird.

Gesundheitsminister prüft Konsequenzen gegen Klinik

Ungemach könnte der Klinik durch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann drohen. Der sagte am Mittwoch, man prüfe, ob das Transplantationszentrum seinen Versorgungsauftrag noch wahrnehmen könne oder aus dem Krankenhausplan des Landes genommen werden müsse. Denkbar sei auch, dem inhaftierten Mediziner die Approbation zu entziehen. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, „hätten wir es mit einem schlimmen Verbrechen zu tun“, erklärte Minister Laumann.

Warnt vor einer Vorverurteilung des jetzt inhaftierten Mediziners: der emeritierte Prof.Dr. Friedrich Wilhelm Eigler (86). Er hat das Transplantationszentrum an der Uniklinik Essen zu einem der führenden Deutschlands entwickelt.
Warnt vor einer Vorverurteilung des jetzt inhaftierten Mediziners: der emeritierte Prof.Dr. Friedrich Wilhelm Eigler (86). Er hat das Transplantationszentrum an der Uniklinik Essen zu einem der führenden Deutschlands entwickelt.

Der Beschuldigte weist die Vorwürfe indes zurück. Vor einer Vorverurteilung warnt auch der emeritierte Prof. Friedrich Wilhelm Eigler (86), der das Essener Transplantationszentrum zu einem der führenden Deutschlands entwickelte. Die Indikation, also die Entscheidung, ob eine Behandlung angezeigt ist, „ist in der Medizin eine schwierige Frage, die sich mit juristischen Kategorien schwer fassen lässt“. Ob der Beschuldigte nicht erforderliche Operationen durchgeführt habe, sei offen, so Eigler. Umso trauriger stimme ihn, dass der Fall trotzdem schon jetzt das Vertrauen in die Transplantationsmedizin beschädige.

>>> PRÜFBERICHT LÖSTE ERMITTLUNGEN AUS

Die Uniklinik gibt derzeit keine Auskünfte zu dem Fall. Man kooperiere aber „vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft“.
Die Ermittlungen waren 2017 durch einen Bericht der Prüfungs- und Überwachungskommission ausgelöst worden. Seither hat die Uniklinik bereits Verstöße – etwa gegen die Dokumentationspflichten – abgestellt.