Essen. . Der Doppelkopf-Verein „Geknickte Dulle“ feiert 30. Geburtstag. Er pflegt das Spiel mit der Herz Zehn und begleitet ein Turnier mit unseren Lesern
Im Clubraum des Essener Doppelkopfvereins „Geknickte Dulle“ ist die Gemütlichkeit immer noch Trumpf. „Gesellschaftsräume“ hat das „Haus Dahlbusch“ an der Rotthauser Straße direkt an der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen schon draußen annonciert. Im Keller gibt es noch eine Bundeskegelbahn und im Clubraum neben dem Speisesaal ein Dutzend Leute, die sich vor jeder Spielrunde erst einmal „gesund“ melden müssen, wenn sie kein Solo spielen wollen.
Ein eigenes „Essener System“
30 Jahre geht das nun schon so. Die „Geknickte Dulle“ ist einer der traditionsreichsten Vereine im Deutschen Doppelkopfverband. Dass man den Sport mit den beiden Kreuzdamen und den zwei Herz Zehnen, den „Dullen“, in diesem Verband ernst nimmt, beweist schon das ausgeklügelte Regelwerk, das jeder im Internet nachlesen kann. Und dann gibt es ja auch noch das „Essener System“, das Essener Studenten vor vielen Jahren ausgetüftelt und die Doppelkopf-Welt mit ihrem über 70-seitigen Regelwerk von A bis Ansage bis Z wie Zählweise noch ein wenig strategischer aufgestellt haben.
Den Vereinsmitgliedern der „Geknickten Dulle“ muss man nichts mehr erklären. Die meisten gehören seit Jahrzehnten dazu. Anke ist beinahe von Anfang an dabei, seit 28 Jahren. Am Stand der Essener Spielemesse ist sie damals auf den Verein gestoßen. „Ich war am ersten Tag vor Ort und bin dann vier Tage nicht mehr losgekommen“, erinnert sie sich. Heute ist so ein Auftritt zwischen all den Brett- und Computerspielen fast schon undenkbar. Dafür bringt das Internet inzwischen Neuzugänge wie Rüdiger an die Rotthauser Straße, der schon zu Unizeiten über Schach und Bridge ans Doppelkopfspielen gekommen ist. Als er irgendwann einen Verein gesucht hat, ist er im Netz auf die „Dulle“ gestoßen.
Knapp zwei Dutzend Mitglieder zählt der Verein heute, das Durchschnittsalter liegt bei Mitte 40. Denn mit dem Nachwuchs wird es immer schwieriger. „Die jungen Leute haben anderes zu tun“, sagt Anke. Bundesweit sind etwa 1700 Spieler im Verband organisiert, deutlich weniger als beim Skat. Und doch sind sich an diesem Abend alle einig, dass Doppelkopf das komplexere und strategisch interessantere Kartenspiel ist. „Mehr Denksport“, findet Burkhard, und greift sich den letzten Stich mit „Charly“, dem Kreuzbuben: „Wer mitzählt, ist im Vorteil.“
Eine Grubenlampe für den Gewinner
Für Annemarie ist es vor allem auch „ein richtiges Partnerspiel“. Manche Vereinskollegen spielen auch noch im Bekanntenkreis. Aber wenn es richtig Spaß machen soll, dann trifft man sich einmal die Woche, immer donnerstags, im Verein. Zwei Runden pro Abend a 24 Spiele. Da zählen dann all die Tricks und Kniffe, die Doppelkopf erst spannend machen. Wie man seinen Spiel-Partner findet, frühzeitig taktische Ansagen macht, die höchsten Fehlfarben-Stiche macht. Und es geht um die Spielkarte Neun, die die meisten Hobby-Spieler lieber aussortieren, während sie im Vereinssport zum einheitlichen Reglement gehört. „So kann jeder überall in Deutschland sofort mitspielen“, sagt Burkhard. Schließlich gibt es auch eine Bundesliga und Deutsche Meisterschaften.
Einmal im Jahr wird in Essen auch der „Zechencup“ ausgetragen. Dem Gewinner winkt eine Grubenlampe. Eine Verbeugung vor der Heimat, auch wenn sich die Revier-Nostalgie nur selten unter die Herzdamen und Pikbuben mischt. Trotzdem zählt hier das Gemeinschaftsgefühl, einer wie Herbert hat bis kurz vor seinem Tod sogar rund 70 Kilometer Anfahrt in Kauf genommen. Online-Spielen wäre für die meisten undenkbar. Sogar auf der Rückfahrt von einem Turnier aus Berlin haben sie sich mitten im Stau noch mit befreundeten Vereinen an der nächsten Raststätte zum Kartendreschen verabredet. „Früher hat man auch schon mal weitergespielt, wenn die Kneipe dicht gemacht hatte“, erinnert sich Burkhard. Nicht ausgeschlossen allerdings, dass man bei der Herzdame zu Hause danach ziemlich schlechte Karten hatte.
Doppelkopf-Turnier im Theater Freudenhaus
Um Doppelkopf geht es auch in der neuen Produktion des Theater Freudenhaus: „Ein seltsames Paar“ von Neil Simon.
Im Vorfeld der Premiere (27. September) treten Schauspieler und Mitarbeiter dieser Zeitung am 14. September (ab 18.30 Uhr) gegen ein Leserteam an. Bewerbungen sind noch bis zum 5. September, 24 Uhr, unter theater-freudenhaus@grend.de. möglich