Essen. . Nach vielen geplatzten Plänen entsteht auf Zollverein bis Mitte 2019 ein Hotel. Der Betreiber Hotel friends erklärt, welches Konzept er verfolgt.
An kühnen Ideen für ein Hotel auf Zollverein hat es in der Vergangenheit nie gemangelt: Ein arabischer Investor wollte Zimmer in die Tiefe des Schachtes bauen. Das Essener Architektenbüro Koschany und Zimmer (KZA) entwarf eine Vier-Sterne-plus-Herberge in einem der Kühltürme. Zur Umsetzung kam es hier wie da allerdings nie. Die ehemalige Zeche Zollverein, seit 2001 Unesco-Welterbe, setzt allzu hochfliegenden Plänen ohnehin schnell Grenzen.
Und so präsentieren sich die neuen Hotelpläne, die am Montag vom Projektentwickler Kölbl Kruse erstmals vorgestellt wurden, vor allem als eines: nüchtern aber eben auch realistisch.
Hotelfriends-Gruppe pachtet Hotel für 15 Jahre
Eine Nullachtfünfzehn-Herberge soll es dennoch nicht werden, betont Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Stiftung Zollverein. Das verbiete schon der besondere Standort des Welterbes. Und so hat sich der Bauherr nach einer Ausschreibung einen Betreiber ausgesucht, der „für seine Idee brennt“, wie Noll sagte und dessen Aufgabe es nun ist, den Bogen zwischen Geschichte und Zukunft Zollvereins zu spannen und dies in eine eigene Hotelsprache zu übersetzen. „Wir wollen auf keinen Fall nur Bergbauromantik“, meint Noll. „Zollverein ist mehr.“
Die familiengeführte Hotelgruppe Friends wird das Hotel betreiben. Die Pachtverträge sind zunächst für 15 Jahre unterschrieben. Haakon Herbst ist Besitzer der Gruppe und ein Urgestein der Hotelszene. Er war 18 Jahre lang Präsident des Fachverbandes HSMA Deutschland, in dem Fach- und Führungskräfte aus Sales und Marketing in Hotellerie und Tourismus vertreten sind.
Individuelles Design soll Gäste anlocken
Dass Zollverein für Hoteliers kein Selbstläufer ist, ahnt Herbst bereits. „Wir müssen es schaffen, dass das Hotel unabhängig vom Reiseanlass Gäste anzieht“ sagt er. Mit individuellen Konzepten kennt sich der Hotelier aus. Das lassen die bestehenden fünf Häuser der Friends-Gruppe erkennen. Sie alle haben eine individuelle Design-Handschrift auf den jeweiligen Standort bezogen.
Auf Zollverein will Herbst nicht nur auf Touristen setzen, die für einen Ausflug auf die weitläufige Zechenanlage oder ins Ruhrmuseum kommen. Der Fokus liegt auch auf Geschäftsreisenden, die bei einem Aufenthalt auf Zollverein bislang dort keine Übernachtungsmöglichkeit finden. „Wir werden sehen, dass unser Tagungsbereich gut ausgelastet ist“, so Herbst, der darauf setzt, dass sich Zollverein als Wirtschaftsstandort weiter entwickelt.
Immerhin ist der Bergbaukonzern RAG mit seiner Firmenzentrale und seiner Immobilientochter schon da, ebenso die RAG-Stiftung und die neue Folkwang-Universität der Künste, die vermehrt auch ausländische Gäste anzieht. Und spätestens, wenn ins Gasometer der Euref-Campus des Berliner Investors Reinhard Müller einzieht, wird Zollverein auch Anziehungsort für die junge Start-up-Szene.
Betreiber hätte gern mehr Hotel-Zimmer gehabt
Das Hotel wird 67 Zimmer haben und Herbst hätte gern noch ein paar mehr gehabt. Auch Experten sprechen von einer wirtschaftlich kritischen Größe. Allerdings gaben das Gelände und der Bebauungsplan nicht mehr her, wie Noll erklärt.
67 Zimmer auszulasten ist dennoch eine Aufgabe. „Wir werden auch trübe Totensonntage überstehen müssen“, so Herbst, der die wachsende Bettenzahl und den zunehmenden Wettbewerb der Hotels in der Stadt mit Sorge beobachtet. „Wir hätten nie in Essen-City ein Hotel eröffnet“, sagt er. „Uns geht es nur um den Standort Zollverein.“
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Baustart für das neue Hotel auf Zollverein wird Mitte September 2018 sein. Die Eröffnung ist für den 6. Juni 2019 geplant.
Das Hotel wird in Modulbauweise errichtet, so dass sich die Bauzeit laut Projektentwickler um ca. 70 Prozent verkürzt.
Das Zollverein-Hotel ist nur eines von mehreren Häusern, die derzeit in Bau sind bzw. demnächst eröffnen. Mitte September wird das neue NH-Hotel an der Schützenbahn erstmals Gäste empfangen. In Bau ist das Premier Inn am Hauptbahnhof mit 190 Zimmern. Es soll 2019 eröffnen.
Mit den Neueröffnungen von Hotels in der jüngsten Vergangenheit (z.B. Niu, Ghotel, McDreams) hat Essen im ersten Halbjahr die 10.000er-Bettenmarke erstmals überschritten. Aus Sicht von Experten noch keine dramatische Lage, so lange die Touristenzahlen in der Stadt weiter steigen.