Essen. . Heinz Josef Klaßen begleitet die Umwandlung des Rheinischen Platzes seit Jahrzehnten. Das Stadtarchiv zeigt jetzt seine Fotografien und Bilder.
Wer aus dem ländlichen Rheinland-Pfalz stammt, sieht Weinberge, Wälder und Felder, aber nur wenig bis keine Industrie. Heinz Josef Klaßen wuchs in den 40er Jahren in diesem idyllischen Umfeld auf - und wollte weg. Denn schon früh brennt sein Herz für das Ruhrgebiet. Anstoß dafür war ein Buch über Krupp, dass er auf dem Dachboden seines Großvaters fand – seine einzige Lektüre in der harten Nachkriegszeit. Klaßen faszinierten die Abbildungen der industriellen Welt des Ruhrgebietes, und er fühlte sich davon angezogen. Seine Fotos und Gemälde drücken diese Faszination für Industrie und Wandel aus. Eine Ausstellung im Stadtarchiv hält diese Begeisterung jetzt fest.
Der Zustand des Stillstands
„Ich zeige mit den Bildern Situationen im Umbruch und Themen, die auf der Kippe liegen“, sagt der Künstler. „Diese Gebäude, die für viele Menschen wichtig waren, liegen still und sind verlassen. Dieser Zustand des Stillstands offenbart eine eigentümliche Würde.“ 1975 entdeckte Klaßen den Rheinischen Platz als ideales Motiv für die Widersprüchlichkeit des Wandlungsprozesses. Auf der einen Seite der alte Güterbahnhof, über den geschmolzenes Metall von Rheinhausen nach Bochum gefahren wurde, auf der anderen Seite die Anfänge der Universität und Richtung Süden der Blick über das klassische Stadtbild mit Kirchen, Rathaus und Geschäften. Hier trafen Welten aufeinander.
Seine Fotografien waren ursprünglich als Vorlage für seine Bilder gedacht – jetzt stehen sie im Fokus. Auf der Suche nach Motiven für seine Gemälde kam Klaßen immer wieder zum Rheinischen Platz zurück. Auf dem Areal des früheren Großmarktes war der Wandel des Ruhrgebiets leicht zu sehen.
Die Ausstellung beginnt mit den brachliegenden Gebäuden und dem Güterbahnhof, die das Klischee-Bild des Ruhrgebiets vermitteln – grau und hässlich. Klaßen sieht darüber hinweg. Nach dem Bau der Universität schien die Gegend im Umbruch, was in seinen Bildern deutlich wird.
Symbol für die Entwicklung
Folgt man den Fotografien durch die Zeit, weicht der Güterbahnhof. Das Grau in Grau verschwindet unter Willy Brandts viel beschworenem blauen Himmel über der Ruhr. „Die Lernstätte wurde bewusst in dem Arbeiterviertel nördlich der Stadtmitte gebaut“, erklärt Klaus Wisotzky, Leiter des Hauses der Essener Geschichte. Der Kontrast zwischen dem Ort geistiger Arbeit und den Relikten des körperlichen Kohleabbaus wird am Rheinischen Platz deutlich. Am Ende ist der Platz zu sehen, wie er heute ist – grün und modern. Symbol für die Entwicklung Essens.
>>> INFO: Die Ausstellung über den Rheinischen Platz
Die Ausstellung ist bis zum 1. November im Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Von 1925 bis 1959 fuhren Güter- und Personenzüge über den Güterbahnhof am Rheinischen Platz. Seit 2011 wurde der westliche Bahnhofsteil zur grünen Mitte umgestaltet. Gegenüber des Rheinischen Platzes steht seit 1972 die Universität Essen.