Essen. Im Essener Baldeneysee treiben hunderte toter Fische. Der Ruhrverband vermutet ein wetterbedingt geschwächtes Immunsystem als Ursache.
Im Baldeneysee gibt es seit Tagen ein akutes Fisch-Sterben. Mehrere hundert tote Tiere treiben seit Tagen am Nordufer des Gewässers. Betroffen sind Fischarten wie Brasse, Rotauge und Giebel.
Der Ruhrverband hat bereits erste Erklärungsmöglichkeiten und ist derzeit dabei, die Körper einiger toter Tiere zu untersuchen. Nach ersten Erkenntnissen hat das Fisch-Sterben eine „natürliche Ursache“, berichtet Markus Rüdel, Sprecher des Ruhrverbands.
So gehen die Wasser-Experten derzeit davon aus, dass die Fische an Pilzen und Parasiten gestorben sind, die an den Schuppen der Tiere leben. „Normalerweise sind die Fische dagegen resistent“, sagt Rüdel. Die anhaltend hohe Temperatur des Ruhrwassers könnte allerdings dafür gesorgt haben, dass die Fische unter chronischem Stress stehen und deshalb anfälliger sind: „Die Wasser-Durchschnitts-Temperatur im Juli 2018 betrug 23 Grad“, berichtet Rüdel. „Das sind zwei Grad mehr der übliche Durchschnittswert.“
Die Analyse der toten Fische dauert noch an
In den Jahren 1994 bis 2007 war die Ruhr in Essen im Monat Juli im Durchschnitt 21 Grad warm. Die Analyse der Tier-Kadaver dauert an; mit einem Ergebnis ist erst in einigen Tagen zu rechnen. Von einem „Massen-Sterben“ will der Ruhrverband ausdrücklich nicht reden. Andererseits beunruhigt die Menge der toten Fische viele Spaziergänger am See-Ufer: Die Tiere treiben vor allem in den Buchten umher und bleiben in Wasserpflanzen hängen.
Ungewöhnliche Fisch-Sterben hatte es zuletzt im Münsteraner Aasee gegeben und im Bochumer Stadtpark-Teich. In beiden Fällen, erklärt Markus Rüdel, sei ein Mangel an Sauerstoff im Wasser die Ursache gewesen. „Das können wir für den Baldeneysee ausschließen. Die Werte sind vollkommen in Ordnung.“
Branntkalk war die Ursache des letzten Fisch-Sterbens im Baldeneysee
Auch von einer erhöhten Schadstoff-Konzentration im Wasser geht derzeit niemand aus: Das ist jetzt anders als Anfang Dezember 2011, als eine Entsorgungsfirma rund 100 000 Liter Wasser, das mit Branntkalk versetzt war, über den Deilbach in den See pumpte – offenbar aus Versehen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden damals nach einem Jahr eingestellt. Tausende Fische waren seinerzeit gestorben.
Der Badebetrieb am „Seaside Beach“ bleibt übrigens am Wochenende dicht – das hat aber nichts mit den Fischen zu tun, sondern mit den Regenfällen der letzten Tage. Frühestens am Montag, heißt es, könne bei anhaltend gutem Wetter die Schwimmstelle wieder eröffnet werden.
Das Land prüft künftig genau auf resistente Keime
Das Land will – unabhängig vom aktuellen Fisch-Sterben – den Baldeneysee künftig genauer auf resistente Keime untersuchen. Das kündigte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) am Freitag an. „Die Belastungen mit antibiotikaresistenten Bakterien haben für uns eine hohe Priorität“, sagt Umweltministerin Ursula Heinen-Esser.
Ende Juli waren bei einer Wasser-Entnahme aus dem Baldeneysee sehr geringe Mengen eines Darmbakteriums gefunden worden, das gegen drei Wirkstoff-Gruppen von Antibiotika resistent ist. „Die gefundenen Mengen waren aber so niedrig, dass gesunde Menschen keiner Gefahr ausgesetzt waren“, sagt Martin Exner, Leiter des Hygiene-Instituts des Uniklinik Bonn, der die Untersuchungen wissenschaftlich begleitet. „Bei zwei anderen Probezyklen wurden keinerlei Auffälligkeiten gefunden.“
Badestellen werden in einer Sonderuntersuchung unter die Lupe genommen
Die europäische Badegewässerrichtlinie verlangt keine Untersuchungen auf resistente Bakterien. Daher liegen bisher kaum Erkenntnisse über eine mögliche Verunreinigung mit resistenten Erregern vor.
In der angekündigten Sonderuntersuchung, die auch den Baldeneysee betrifft, werden ausgewählte Badestellen auf klinisch relevante Bakterien mit Resistenzen gegen mehr als zwei Antibiotika-Wirkstoffgruppen untersucht. Derartige multiresistente Bakterien können Infektionen beim Menschen auslösen, die dann auf Grund ihrer Resistenzen schwer zu behandeln sind. „Aber die Gefahr ist bei gesunden Menschen mit einem intakten Immunsystem sehr gering“, sagte Martin Exner.
Auch in dieser Woche wurden wieder neue Wasserproben entnommen. Deren Untersuchung steht noch aus.