Essen. . Drei Jahr nach der großen Flüchtlingswelle: In Essen finden immer mehr Flüchtlinge eine Arbeit. Positive Signale gibt es auch aus der Wirtschaft.

Drei Jahre nach der großen Flüchtlingswelle finden in Essen immer mehr Flüchtlinge einen Arbeitsplatz bzw. eine Lehrstelle. „Der Arbeitsmarkt in der Stadt läuft gut und damit steigen auch die Chancen für Geflüchtete“, betonte der Leiter des Jobcenters, Dietmar Gutschmidt. Auch aus der Wirtschaft kommen positive Signale: „Es geht langsam voran“, sagte Wolfgang Dapprich von der Kreishandwerkerschaft.

Der überwiegende Teil der arbeitslosen Flüchtlinge ist beim Jobcenter in Essen gemeldet. Die städtische Arbeitsbehörde vermittelte in den ersten sieben Monaten dieses Jahres nach eigenen Angaben 1028 Flüchtlinge in einen Job. Im gleichen Zeitraum vor einem Jahr waren es 589 so genannte Integrationen. Das bedeutet eine Zunahme um rund 70 Prozent. „Wir sind damit zufrieden, liegen innerhalb unserer gesteckten Ziele“, erklärte Gutschmidt. Er geht davon aus, dass die Vermittlungen in den kommenden Monaten weiter steigen werden. „Die gute Konjunktur wird anhalten.“

Bei den meisten Jobs für Flüchtlinge dürfte es sich um Helferstellen handeln

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Laut Gutschmidt dürften die steigenden Vermittlungszahlen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch eine Menge Anstrengungen notwendig seien. Denn derzeit sind knapp 8840 Flüchtlinge in Essen arbeitssuchend gemeldet. Diese Zahl nimmt seit 2015 kontinuierlich zu und verharrte zuletzt auf diesem hohen Niveau. „Wir haben noch immer einen stetigen Zufluss an geflüchteten Menschen“, bestätigte Gutschmidt. Ein Grund dafür sei der Familiennachzug. Deshalb schlagen sich die zunehmenden Integrationserfolge bislang nicht spürbar in der Statistik nieder.

In welchen Branchen die Flüchtlinge in Essen Arbeit finden, darüber kann die Arbeitsagentur keine Angaben machen. Nur für gesamt NRW gibt es eine Übersicht. Allerdings dürfte sich Essen kaum von den landesweiten Trends unterscheiden. So bekamen Flüchtlinge im vergangenen Jahr vor allem in der Gastronomie, in der Zeitarbeit, im Garten- und Landschaftsbau, im Baugewerbe sowie im Einzelhandel und in Callcentern eine sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle. Bei den meisten Jobs dürfte es sich um Helferstellen handeln. „Der Arbeitsmarkt in Essen ist derzeit auch für Helfer sehr aufnahmefähig“, so Gutschmidt. Unternehmen, die keine Fachkräfte finden, versuchten Helfertätigkeiten zu besetzen, um die eigenen Fachkräfte in diesen Bereichen zu entlasten.

Die Einstellung eines Flüchtlings hängt auch von der Bleibeperspektive ab

Ein Kanzlerinnen-Wort auf dem Prüfstand

Vor drei Jahren sagte Kanzlerin Angela Merkel in der Bundespressekonferenz zur Flüchtlingskrise: „Wir schaffen das!“ Die Formel wurde oft zitiert – und heftig kritisiert. Vollständig lautet das Zitat vom 31.8.2015: „Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!“

Zum Jahrestag wird diskutiert, inwieweit Merkel (un-)recht hatte.

Unterdessen arbeitet das Essener Handwerk verstärkt daran, Flüchtlinge auch zu Fachkräften zu entwickeln. Dafür bietet die Kreishandwerkerschaft derzeit eigens Berufsfindungs-Kurse für Flüchtlinge im Friseur- und Sanitärhandwerk an. Demnächst gibt es dies auch für das Maler- und Lackiererhandwerk. „Wir machen mit den Flüchtlingen gute Erfahrungen. Die Teilnehmer an den Kursen sind mit viel Engagement und Fleiß dabei“, so Dapprich von der Kreishandwerkerschaft. Ob ein Betrieb einen Flüchtling einstellt, hänge nicht nur von dessen Sprachkenntnissen sondern maßgeblich auch von dessen Bleibeperspektive ab.

Fast die Hälfte der arbeitssuchenden Flüchtlinge stehen dem Arbeitsmarkt derzeit aber noch gar nicht zur Verfügung. Sie stecken noch in Sprach- oder Integrationskursen. Deshalb sind in der offiziellen Statistik derzeit auch nur 4414 Flüchtlinge arbeitslos gemeldet.