Essen. Die WAZ-Leser stiegen bei einem Besuch der Baustelle am Pausmühlenbach in Dellwig in die Tiefe. Hier arbeitet sich ein Bohrer durch den Boden.

Das Gesicht der Emscher wandelt sich allmählich. Bergbau und Schwerindustrie setzten ihr einst arg zu, sie war als stinkende Köttelbecke verrufen. Rund 700 Millionen Euro allein in Essen veranschlagt die Emschergenossenschaft für die Renaturierung, dafür entstehen gigantische unterirdische Abwasserleitungen. Unsere Aktion „WAZ öffnet Pforten“ brachte nun die Leser auf eine der Großbaustellen des Emscherumbaus – in zwölf Metern Tiefe.

In Dellwig arbeitet die Emschergenossenschaft seit fast einem Jahr an einem Stauraumkanal. Sauberes Regenwasser und schmutziges Abwasser sollen getrennt werden, bevor der Pausmühlenbach in die Emscher mündet.

Dicke Betonwände schützen vor dem Grundwasser

Für den Vortrieb
Für den Vortrieb © Socrates Tassos

Die Baustelle nördlich der Straße Klaumerbruch, neben Feldern und Kleingärten, wirkt auf den ersten Blick unscheinbar. Ein Kran, ein paar Bagger, Baucontainer – doch in der Tiefe arbeiten sich hier schwere Bohrmaschinen einige hundert Meter weit durch das Erdreich.

Projektleiterin Katrin Zillig von der Emschergenossenschaft gibt am Rand der Grube eine ausführliche Sicherheitseinweisung, dann gibt’s Warnweste, Gummistiefel mit Stahlkappen und Sicherheitshelm. Und dann geht’s abwärts.

Über eine enge Wendeltreppe aus Metall gelangen die Leser auf die Baustelle. Der Boden ist feucht und riecht nach frischem Beton. Eine ein Meter dicke Betonwand schützt den Schacht an den Seiten und nach unten vor dem natürlichen Druck des Grundwassers. „Das sind wirklich imposante Eindrücke“, sagt Leserin Doris Müller.

Niemand arbeitet länger als zwei Stunden in der Tiefe

Nach hinten, gegen eine Schachtwand abgestützt, frisst sich eine Maschine von hier aus durch die Erde. Ein Arbeiter kontrolliert von einem kleinen Pult aus den Fortschritt des schweren Bohrkopfs. Über ein Band wird die Erde abtransportiert, landet dann in der Mitte des Schachts und wird von einem Kran nach oben befördert.

Ein Schacht in der Kleingartenanlage

Nördlich der Straße Klaumerbruch, in der Kleingartenanlage, begannen die Arbeiten mit dem Bau eines Schachts. In nördliche Richtung wird nun der Kanal gepresst.

Der Kanal hat einen Innendurchmesser von 2,80 Metern. Hinter dem ehemaligen Pumpwerk geht’s mit einem Durchmesser von 1,60 Metern weiter.

Es ist heiß und dunkel in dem Rohr, „niemand arbeitet länger als zwei Stunden an diesem Platz“, sagt Projektleiterin Zillig. Aber es geht voran. Am Ende der Baumaßnahme wird sich die riesige Bohrmaschine 275 Meter weit durch den Boden gearbeitet haben, das Rohr mit einem Durchmesser von 2,80 Meter wird hinterhergepresst. Im September 2019 soll das Projekt fertiggestellt werden. „Ich freue mich, wenn die Emscher wieder sauber ist – ein tolles Projekt“, sagt Leser Christoph Bremer. 2021 soll die Emscher, einst einer der dreckigsten Flüsse Europas, weitestgehend wieder vom Abwasser befreit sein.

Unsere Leser steigen wieder aus dem Rohr, gehen die Stufen hinauf, können Helm und Sicherheitswesten ablegen. Sie stehen wieder zwischen grünen Feldern und Kleingärten. Der Schacht ist außer Sicht, doch die Arbeiten gehen weiter. Der Lärm tönt aus der Tiefe hinauf, der Bohrer macht wieder Strecke.