Essen. . Essener stoßen sich an der Badekleidung muslimischer Frauen. „Wir sind ein Multikultibad“, so die Badleitung, die Leggins und Shirt erlaubt.
Besonders an heißen Tagen wie diesen sind die Schwimmmeister in den Essener Freibädern nicht zu beneiden. Sie müssen nicht nur die Sicherheit tausender Nichtschwimmer garantieren, sondern obendrein auch noch einen prüfenden Blick auf die Badekleidung werfen. Insbesondere muslimische Frauen sorgen mit Kreationen der Marke Eigenbau für Irritationen bei Einheimischen – und manchmal auch für Konflikte. Zum Beispiel im Oststadtbad.
„Irgendwann sollte der Spaß aufhören, dass es von der Stadt Essen geduldet wird, dass man mit Anziehsachen, teilweise sogar mit Schuhen, das Nichtschwimmerbecken betreten darf“, ärgert sich Marc Weyers. Er prangert mögliche Hygieneprobleme an, hat deshalb das Gesundheitsamt eingeschaltet und Fotos als angebliches Beweismaterial hinzugefügt.
Badleiter: „Straßenkleidung ist keinesfalls gestattet“
Badleiter Michael Bach stellt klar, dass Straßenkleidung in den Schwimmbecken des Oststadtbades auf keinen Fall geduldet werde. Standard laut Badeordnung seien schnell trocknende klassische Badeanzüge aus Materialien wie Polyester, Polyamid und Elasthan beziehungsweise Burkinis aus demselben Stoff. „Wer mit Straßenkleidung ins Wasser geht, wird vom Aufsichtspersonal herausgeholt“, betont Bach.
Zugleich macht er kein Hehl daraus, dass die Uhren in Freisenbruch doch etwas anders ticken als anderswo. „Badekleidung, die dem Burkini sehr ähnlich ist, wird von uns akzeptiert.“ Bach präzisiert, was damit gemeint ist: „Synthetische Leggins, Radlerhosen und T-Shirts, die sauber sein müssen.“
Null-Toleranz-Strategie im Dellwiger Hesse-Bad
In anderen Essener Bädern gilt diese tolerante Regelung nicht. Beispiel Hesse-Bad in Dellwig. „Wir verfolgen seit Jahren eine Null-Toleranz-Strategie“, stellt Badleiter Sven Prochnow klar. Heißt: Wer im Becken Badekleidung trägt, die von der Badeordnung abweicht, werde aus dem Becken geholt und ausführlich belehrt. „Wer trotzdem wieder reingeht, wird an diesem Tag des Bades verwiesen.“ Schlimmstenfalls drohe ein Hausverbot. Prochnow weiß, dass diese Strategie der Unnachgiebigkeit einen langen Atem erfordert. Aber die Rechnung gehe auf. „Früher hatten wir pro Saison gut 2000 Ermahnungen, in dieser Saison waren es bisher 300 bis 400.“
Michael Bach, seit Jahren Chef im Oststadtbad, wird nicht müde, auf das spezielle Umfeld hinzuweisen. „Wir sind nicht nur ein sozialer Brennpunkt mit sehr vielen sozialschwachen Menschen, sondern auch ein Stadtteil mit hohem Migrationsanteil.“ An manchen Tagen seien 60 Prozent der Badegäste Migranten. „Wir sind ein Multikulti-Bad.“ Weil sich viele muslimische Frauen einen Burkini oft nicht leisten könnten, werde die preiswerte Synthetik-Leggins-Shirt-Kombination als Burkini-Alternative erlaubt.
So denken zwei junge Muslima
Aber es gibt auch muslimische Frauen, die diese tolerante Praxis in Frage stellen. „Entweder klassischer Badeanzug oder gar nicht schwimmen“, sagen die jungen Mütter Leena und Fadoua*, die am Mittwoch mit ihren sieben Kindern ins Oststadtbad gekommen sind. Die beiden Schwestern stammen aus Marokko, sind in Essen aufgewachsen und tragen Kopftücher sowie bequeme, weite Kleidung. Trotz der Hitze haben sie nicht vor, ins Becken zu gehen. „Wenn wir in Spanien Urlaub machen, tragen wir sehr wohl klassische Badeanzüge und legen am Strand auch das Kopftuch ab“, sagen sie. Und warum nicht im Oststadtbad? „Weil arabische Männer einen hier angaffen und sich respektlos verhalten.“
>>> DAS SAGT DIE ESSENER BÄDERORDNUNG
Das Benutzen der Becken ist laut Badeordnung der Stadt Essen nur in Badekleidung gestattet. „Die Entscheidung darüber, ob eine Badebekleidung diesen Anforderungen entspricht, obliegt dem Bäderpersonal.“
„Typische Straßenkleidung, hierzu gehören Jeans (auch abgeschnittene) und Hemden/T-Shirts, entspricht nicht der Badeordnung. Unterwäsche als oder unter der Badebekleidung entspricht nicht den Hygienevorschriften und wird nicht geduldet“, heißt es weiter.
Aufgrund der Beschwerde überprüfte eine Mikrobiologin des Gesundheitsamtes jetzt das Oststadtbad: „Bisher gab es keine Beanstandung der Wasserwerte.“
*Namen der Redaktion bekannt.