Essen. Die Stadt Essen sei überlastet und könne keine Extra-Hilfe für Bootsflüchtlinge anbieten, erklärte OB Thomas Kufen. Pflichten gelten aber weiter.

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen will sich nicht der Initiative der Stadtoberhäupter von Köln, Düsseldorf und Bonn anschließen, die jüngst öffentlich in einer Aufsehen erregenden Aktion zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für Bootsflüchtlinge in ihren Städten angeboten hatten. Er begründet dies mit Überlastung.

„Die Stadt Essen hat in den letzten drei Jahren rund 10 000 Flüchtlinge aufgenommen. Damit haben wir unsere Aufnahmequote übererfüllt“, erklärte Kufen. Darüber hinaus seien über 10 000 weitere Flüchtlinge aus anderen Städten und Bundesländern nach Essen gezogen. „Das sind mehr Menschen als im gleichen Zeitraum einige europäische EU-Länder insgesamt bereit waren aufzunehmen.“

Die Stadt Essen werde auch künftig ihrer Pflicht nachkommen, Menschen in Not aufzunehmen

Die Stadt Essen sei bisher allen Verpflichtungen zur Aufnahme nachgekommen. „Und wir werden das auch in Zukunft tun. Menschen in Not, die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung Zuflucht brauchen, werden wir auch in Zukunft ohne Wenn und Aber bei uns aufnehmen“, betonte der OB.

Das gelte, obwohl nach der Unterbringung die Integration der Flüchtlinge der größere Kraftakt sei. Vor allem der anhaltende Familiennachzug stelle die Essener Stadtgesellschaft schon jetzt vor erhebliche Herausforderungen, beispielsweise bei der beruflichen Eingliederung oder der Beschulung von Seiteneinsteigern. Dies habe man gegenüber der Lands- und Bezirksregierung auch deutlich machen können, sodass die Stadt Essen seit 2017 keine zusätzlichen Flüchtlinge mehr von der Bezirksregierung zugewiesen bekommt.

Essen lehnte jüngst eine Hilfsanfrage aus Bottrop zur Aufnahme von Flüchtlingen ab

„Das war auch der Grund warum ich noch jüngst der Anfrage der Nachbarstadt Bottrop zur Aufnahme von Flüchtlingen in Essen eine Absage erteilt habe“, berichtet Kufen. An dieser Essener Situation habe sich nichts geändert. Würde er nun nach dem Muster der rheinischen Städte Aufnahmebereitschaft auch für Essen signalisieren, könne dies auf Landesebene oder in anderen Städten sogar missverstanden werden, fürchtet der OB.

Gleichwohl sieht Thomas Kufen die Aktion mit einiger Sympathie. „Die Stadtspitzen von Bonn, Düsseldorf und Köln machen zu Recht auf die humanitärer Katastrophe im Mittelmeer aufmerksam.“ Er unterstütze die Forderung nach einer europäische Lösung für Aufnahme, gerechte Verteilung und Integration oder Rückführung von Flüchtlingen ausdrücklich. „Nationale Alleingänge helfen meines Erachtens weder mittel- noch langfristig.“

Essens Grünen-Vorsitzende bedauert, dass Essen anders als Köln oder Düsseldorf nicht Teil der „Seebrücke“ ist

Eine gerechtere Verteilung in Europa würde Kufen zufolge auch die Akzeptanz der aufnehmenden Gesellschaft erhöhen - dies auch vor dem Hintergrund der noch „nachzuholenden Integration“ von Zuwandererinnen und Zuwanderern, die bereits seit Jahren oder sogar Jahrzehnten bei uns leben und noch nicht gleichberechtigter Teil der Gesellschaft sind.

Essens Grünen-Vorsitzende Gönül Eglence bedauerte bereits vor einiger Zeit im Netzwerk Facebook, dass Essen nicht Teil der „Seebrücke“ genannten Initiative der rheinischen Städte werden wolle.