Essen. . Ein aggressiver Pilz hat einen Hartholzauenwald im Naturschutzgebiet Heisinger Ruhraue befallen. Die Stadt Essen will den seltenen Wald retten.

„Falsches Weißes Stengelbecherchen“! Der Name klingt harmlos, ja niedlich. Allein der Umstand, dass es sich offenkundig nicht um das Original handelt, lässt erahnen, dass mit dieser Spezies etwas nicht stimmen könnte. Biologen machen das Falsche Weiße Stengelbecherchen für das so genannte Eschentriebsterben verantwortlich. Die Pilzerkrankung breitet sich immer weiter aus. Inzwischen hat sie auch die Heisinger Ruhraue erreicht, Essens Naturschutzgebiet von europäischem Rang.

Betroffen ist ein 2,3 Hektor großer Hartholzauenwald, einer der wenigen seiner Art in Nordrhein-Westfalen. Die Bäume waren vor Jahrzehnten angepflanzt worden, als die Aue noch nicht unter Schutz stand, als Camper noch auf dem Gelände des ehemaligen Strandbades Rellinghausen ihre Zelte aufschlugen. Der Wald besteht zu 70 Prozent aus gewöhnlichen Eschen.

Joachim Schmitting macht sich Sorgen um den Auenwald.
Joachim Schmitting macht sich Sorgen um den Auenwald. © Socrates Tassos

„In relativ kurzer Zeit kann es hier zu einem Totalverlust kommen“, warnt Joachim Schmitting von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Essen, der als Biologe für den Erhalt der Naturschutzgebiete zuständig ist. Schmitting spricht von wenigen Jahren. Einzelne Exemplare sind bereits abgestorben, nackte Kronen und Äste ragen unübersehbar aus dem sonst dichten Grün heraus.

Nackte Kronen ragen bereist aus dem Wald heraus

Die Stadt will dem Eschensterben nicht tatenlos zusehen. Hartholzauenwälder sind in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedroht. Das Waldstück gilt es zu erhalten, zählt es neben Weihern, Wiesen und dem Waldholzauenwald – er wird bei Hochwasser überflutet – zu den prägenden Elementen des Naturschutzgebietes.

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Aufhalten lässt sich das Eschensterben allerdings nicht. Erfahrungen, die andernorts mit dem Eschentriebsterben gemacht wurden, zeigten, dass 90 bis 95 Prozent der befallenen Bäume eingehen, berichtet Schmitting. Betroffen seien Bäume jeden Alters.

Der aggressive Pilz stammt aus Asien

In Deutschland aufgetreten ist die Pilzerkrankung erstmals 2007. Seitdem hat sich das Eschentriebsterben immer weiter ausgebreitet. Ursprünglich stammt der Pilz aus dem asiatischen Raum. In hiesige Breiten fand er seinen Weg durch das Anpflanzen der Mandschurischen Esche. Anders als die heimische Esche ist der entfernte Verwandte aus Asien allerdings gegen den Pilz resistent.

150 Hektar Flora, Fauna, Habitat

Die rund 150 Hektar große Heisinger Ruhraue erstreckt sich entlang der Ruhr von Rellinghausen bis zum Baldeneysee, weitestgehend westlich der Ruhr. Seit 1989 steht die Aue unter Naturschutz.

Seit 2004 ist die Aue ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet europäischen Ranges. Mit ihren Weihern, Wiesen und Auenwäldern bietet sie seltenen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Heimisch ist unter anderem der Eisvogel.

Die Untere Naturschutzbehörde will nun andere Baumarten in dem Hartholzauenwald anpflanzen: Die Schwarz-Erle, die Feld-Ulme, die Stiehl-Eiche und die Winterlinde sind nur einige davon. Zwei etwa 30 Meter große Lichtungen wurden dafür bereits ausgeguckt. Zehn kleinere Lichtungen, jede zehn bis 15 Meter groß, sollen geschlagen werden, damit die neu angepflanzten Bäume genügend Licht finden, um zu wachsen. Einzelne Eschen, insbesondere junge Exemplare, sollen dafür gefällt werden, so Schmitting.

Und warum belässt die Stadt den Hartholzauenwald nicht dem Gang der Natur? Sterben die Eschen ab, würden rasch so genannte Neophyten ihren Platz einnehmen. Das sind Gewächse wie der Riesen-Bärenklau oder der japanische Staudenknöterich, der sich auch in der Heisinger Aue rasendschnell verbreitet und an Wegen immer wieder zurückgeschnitten werden muss.