Leser besuchen die kleine Kerzenmanufaktur Heuschmied. Dort wird nahezu alle in Handarbeit gefertigt. Kunden sind vor allen Dingen Kirchen

Eine dicke Kerze nach der anderen erhält am Docht eine Schlaufe und wird von Fabian Börner an ein Gestell gehängt, das schwer an ein Rad erinnert. Als alle Haken besetzt sind, schwenkt der 25-Jährige das Gestell über den Kessel mit flüssigem Wachs und versieht die Kerzen mit einem letzten Ausguss. Der macht die Oberfläche hart, glatt und schimmernd.

Bistum ist der größte Kunde

„Bei uns ist fast alles noch Handarbeit“, erklärt Peter Kaufhold, „das ist auch das Besondere an unserem Beruf.“ . Kaufhold ist Wachszieher und der Seniorchef der Kerzenmanufaktur Heuschmid, die seit 83 Jahren in Rüttenscheid sitzt und heute ihre Türen für acht Leser öffnet. Von denen wissen die wenigsten, dass hier, im Hinterhof der Reginenstraße, nach alter Tradition Kerzen vornehmlich für den sakralen Gebrauch gepresst, getunkt, gezogen und gegossen werden. „Unsere größten Kunden sind das Bistum und die Kirchen der Umgebung“, erzählt Christian Kaufhold, der gemeinsam mit seinem Onkel das Familienunternehmen führt.

Paraffin und Bienenwachs

Das erkennt jeder sofort, der den kleinen Ausstellungsraum betritt. Wo man hinschaut stehen große, kleine, dicke und dünne Kerzen in Reih und Glied. Nahezu alle sind verziert mit christlichen Symbolen. Gefertigt sind die meisten aus Paraffin, einem Abfallprodukt der Ölindustrie. Ein großes Stück davon holt Christian Kaufhold aus einem Karton und lässt es von Hand zu Hand wandern. „Riecht ja nach gar nichts“, sagt Leserin Gabriele Schöppen, „und ist ziemlich leicht.“

Ganz anders dagegen ist es beim Brocken Bienenwachs – ein klebriges duftendes Stück Natur. „Leider ist das ein Rohstoff, der durch das Bienensterben immer schwerer zu bekommen ist und immer teurer wird“, erklärt Kaufhold der Gruppe. Die steht inzwischen in einem kleinen fensterlosen Raum, wo die Zutaten in großen Kesseln geschmolzen werden. Hier riecht es nicht nur angenehm nach warmen Wachs, Wachs überzieht nahezu komplett den Boden und die Wände. Ein Raum weiter steht eine Zugmaschine: Gespannte Dochte werden über dicke Blechtrommeln durch Wannen mit flüssigem Wachs gezogen -- auch so entstehen Kerzen.

Computer sucht man vergebens

„Das wirkt ja wie aus dem vorletzten Jahrhundert“, entfährt es einem Leser. Das sei als Kompliment gedacht, fügt er schnell hinzu. „Hier herrscht wirklich eine besondere Atmosphäre“, ergänzt Kornelia Kohlmann. Tatsächlich haben die Besucher das Gefühl, eine andere Welt zu betreten: Alles in der Kerzenmanufaktur wirkt entschleunigt, Computer sucht man hier vergebens.

Per Hand werden auch die Kerzen verziert: Eine kontemplative Arbeit, die Lydia Strangmann mit Hingabe erfüllt. Von der Lesergruppe, die ihr dabei zuschaut, lässt sie sich nicht ablenken. „Wachs ist einfach ein schöner Werkstoff, mit dem man kreativ arbeiten kann“, sagt Peter Kaufhold und erklärt damit, warum er seinen Beruf seit so vielen Jahren ausübt. Doch der stirbt langsam aus – was auch mit den Kirchenschließungen zusammenhängt. „Wie gut, dass wenigstens wir noch einmal einen Blick in diese Manufaktur werfen konnten“, lautet das einstimmige Urteil der Leser. Die bekommen zum Abschied - was sonst - eine Kerze mit auf den Weg.

Blick hinter die Kulissen der Kerzenmanufaktur Heuschmid

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