Essen-Rüttenscheid. Ein Coworking-Space hat an der Kahrstraße in Rüttenscheid eröffnet. Der Besitzer könnte hier aber selbst nie arbeiten – er ist Geigenbauer.

Florian Bartsch hat noch nie in einem Coworking-­Space gearbeitet. In diesen Büro­gemeinschaften auf Zeit finden meist Freiberufler Platz, während sie Projekte oder Aufträge umsetzen. Florian Bartsch würde mit seinem Beruf auch gar nicht in so einen Coworking-Space passen – denn der Rüttenscheider ist Geigenbauer. Seine Werkstatt hat er in der Nähe des Sterns. Aber weil in seinem Haus an der Kahr­straße lange Zeit Leerstand herrschte, suchte er nach einer neuen Nutzungsmöglichkeit für das Erdgeschoss. Deshalb hat Rüttenscheid nun eben einen neuen Coworking-Space.

„Das Büro hier stand leer und war hässlich“, sagt Bartsch. „Irgendwann entstand die Idee, daraus eine Fläche zu machen, die man flexibel nutzen kann. Also bin ich auf den Coworking-Zug aufgesprungen.“ Praktisch: Im Betrieb macht die neue Nutzung im Erdgeschoss für Bartsch kaum Arbeit. Es gibt keine angeschlossene Gastronomie wie beispielsweise im ­„Kabü“ an der Annastraße, der Rüttenscheider möchte im Grunde nur einen Platz zum Arbeiten anbieten. „Wenn ich einen großen monatlichen Fixkostenblock hätte, wäre der Preis unattraktiv für die Nutzer“, sagt Bartsch. „Die Kantine gibt es an der Ecke, da ist ein Kiosk.“ Mit knapp 200 Euro pro Monat kann man sich einen Platz im „Coworking am Folkwang-Museum“ sichern. „Ich glaube, das ist eine faire Geschichte.“

Kreative sollen Netzwerke aufbauen

Bartsch hofft, dass „junge oder auch alte Kreative“ in dem Gemeinschaftsbüro zusammenkommen. Bis zu acht Plätze gibt es. „Ich denke da zum Beispiel an Architekten, Fotografen, an Leute, die im weitesten Sinne etwas mit Software zu tun haben – im Prinzip alle, die nicht im stillen Kämmerlein hocken wollen.“ Weil die Nutzer von Bartschs Coworking-Space nicht alle paar Tage wechseln sollen, könnten sie im Idealfall auch voneinander profitieren. „Der Grafiker kann dem Programmierer helfen, der Fotograf dem Architekten“, sagt Bartsch.

Künstler Gabor Doleviczenyi gestaltete die Fassade an der Kahrstraße. Juri freut sich darüber, dass Farbe in die Nachbarschaft gebracht wurde.
Künstler Gabor Doleviczenyi gestaltete die Fassade an der Kahrstraße. Juri freut sich darüber, dass Farbe in die Nachbarschaft gebracht wurde. © Socrates Tassos

Bei der Neugestaltung des Hauses, die parallel zur Einrichtung des Büros lief, holte er sich selbst Unterstützung: Der Graffiti-Künstler Gabor Doleviczenyi gestaltete die Fassade. „Das ist ein super Spot, direkt gegenüber vom Folkwang“, schwärmt Doleviczenyi. „Die Leute im Museum können aus dem Fenster gucken und sehen dann mein Bild.“ Sein Motiv, ein Embryo in einem Atommodell aus Menschenketten, passe „zum Coworking, zum gemeinschaftlichen Wir“, sagt er. „Ich wurde während der Arbeit aber auch gefragt, ob das hier eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis wird“, erzählt Doleviczenyi lachend. Der Hausbesitzer nimmt’s gelassen: „Wenn Kunst nicht für Kontroversen sorgt, hat man das falsche Ding an der Wand hängen – oder an der Fassade.“

>>> Vermietung hat begonnen

Die Arbeitsplätze im „Coworking am Folkwang Museum“ können ab sofort angemietet werden. Einzelne Arbeitsplätze kosten ab 190 Euro pro Monat, Schreibtische mit zwei bis drei Arbeitsplätzen 370 Euro im Monat. Auch andere Modelle sind möglich.

Den Nutzern stehen im Eckhaus an der Kahrstraße 23 ein Besprechungsraum, ein Innenhof, Kaffee und Internetanschluss zur Verfügung. Informationen gibt es im Internet auf www.coworkingamfolkwangmuseum.de oder unter 0163 / 71 43 007.