Das Museum Folkwang zeigt Roland Topors verstörende Bilderwelten: „Panoptikum“ würdigt das vielfältige Schaffen des französischen Künstlers

Er ist ein Geschichtenerzähler, der mal abgründig, mal humorvoll über die Absurditäten des menschlichen Daseins reflektiert und dabei Motive zwischen Witz und Schrecken schafft: Roland Topor (1938 bis 1997) war genialer Zeichner und Illustrator, aber auch Autor, Filmemacher, Kostüm- und Bühnenbildner. Zu seinem 80. Geburtstag widmet ihm das Museum Folkwang jetzt mit „Panoptikum“ eine Ausstellung, die bis zum 30. September sein vielfältiges künstlerisches Werk zeigt.

Das ist nicht nur abgründig, sondern oft zeigt Topor beunruhigende Szenen, die den Betrachter bis in den Schlaf verfolgen: Da ist der kahlköpfige Mann ohne Gesicht. Mitten auf seiner Stirn klebt eine Fliege. Daneben verzerrt ein Grinsen das Antlitz eines Jungen. Der geöffnete Mund zieht sich fort bis hoch zum Auge, das von Zähnen quasi eingeklemmt wird. Das Lachen (so hat Topor die Tuschezeichnung genannt), es bleibt dem Betrachter im Halse stecken.

Ein scharfer Beobachter

„Topor war ein scharfer Beobachter, der sich intensiv mit den Ängsten und Obsessionen der Menschen aber auch mit dem Miteinander der Geschlechter auseinandergesetzt hat und das in seinen Bildern hervorragend visualisiert“, erläutert Kurator Tobias Burg bei der Ausstellungseröffnung. Und liefert gleich die Erklärung für die verstörenden Illustrationen, Linolschnitte und Lithografien des Franzosen: Roland Topor war Jude, erlebte die deutsche Besetzung Frankreichs und wurde von den Eltern während des Krieges bei Pflegeeltern versteckt. Dort musste er sich und seine Familie als gerade mal Vierjähriger verleugnen. „Das hat ihn sein Leben lang geprägt, dieses Gefühl, keiner Seele vertrauen zu dürfen“, so Burg weiter.

Nicht für Kinder geeignet

Dass ausgerechnet das Essener Museum die surrealen Bildergeschichten Topors zeigt und damit sein vielfältiges Schaffen würdigt, ist kein Zufall. Topor hatte durchaus eine Beziehung zu der Stadt: 1990 wirkte er bei der Aalto-Inszenierung von Mozarts Zauberflöte mit, entwarf die opulenten Kostüme und das Bühnenbild. Seine farbigen Entwürfe und die originalen Kostüme sind wie seine großartigen Film- und Ausstellungsplakate natürlich auch Bestandteil der Ausstellung.

Besonders für die Münchener Kammerspiele schuf Roland Topor in den 1990er-Jahren zahlreiche Plakate, mit denen er für Gesprächsstoff sorgte: Da gibt es gekreuzigte Babys, Pfaffen mit busen-ähnlichen Augen, Gruppen, die bis zum Hals in Fäkalien stecken, geköpfte Jungfrauen. Nein, Topor ist nicht wirklich jugendfrei und deswegen ist die Ausstellung auch nicht für Kinder geeignet. Eher für erwachsene Liebhaber fantastischer, narrativer Bildwelten, die sich in jedem Detail, jeder Szene verlieren können.